Wahiba Sands - zwei Nächte bei den Beduinen


Advertisement
Oman's flag
Middle East » Oman » Ash Sharqiya
February 17th 2023
Published: February 20th 2023
Edit Blog Post

Wadi Bani KhalidWadi Bani KhalidWadi Bani Khalid

Aussicht von der Brücke
Für die nächsten zwei Tage haben wir ein Beduinencamp in der Wahiba Wüste gebucht. Bevor wir dann für einige Zeit kein Wasser sehen, wollen wir nochmal Baden und haben uns dazu entschieden den Wadi Bani Khalid zu besuchen, der für uns heute fast an der Strecke liegt und leichter zugänglich als der Wadi Shab ist. Wir fahren zunächst wieder eine Stunde auf der vierspurigen Schnellstraße bevor wir ein Stück in die Berge abbiegen. Erneut geht es durch unwirtliche Mondlandschaft steil bergauf und oben angekommen sieht man plötzlich hinunter in ein grünes Tal mit Palmenhainen und einer kleinen Stadt. Hier kaufen wir uns in einer Bäckerei ein paar „Brötchen“ aus Hefeteig und selbstgebackene Kekse und etwas von dem wir anhand der rein arabisch beschrifteten Packung denken, dass es Eiskaffee ist. Da auch die beiden Verkäufer kein englisch sprechen, kaufen wir es einfach und stellen dann beim ersten Schluck fest, dass es eine Art Ayran oder Kefir mit Kreuzkümmel ist. Dennis muss fast würgen, während ich es eigentlich ganz lecker finde, nachdem ich mich daran gewöhnt habe, dass es eben völlig anders schmeckt als das was ich erwartet habe.

Am Wadi Bani Khalid gibt es einen Parkplatz von dem man in etwa 15 Minuten zu den Badebecken gelaufen ist, es gibt ein Restaurant, Picknickpavillons, Toiletten, Brücken über die Schlucht und einen Kiosk. Hier sind auch viele Omanis weswegen alle hundert Meter ein Schild steht auf dem um angemessene Badekleidung gebeten wird. Das bedeutet für Männer ein T-Shirt und Badeshorts und für Frauen, ein die Knie und Schultern bedeckendes Outfit. Mein Reisegepäck gibt dazu nur eine knöchellange Leggins und ein T-Shirt her aber erstaunlicherweise schwimmt es sich darin ziemlich gut. Hier kann man recht komfortabel in einen großen Badepool über eine gemauerte Treppe einsteigen und dann den Wadi entlang schwimmen. Der ist allerdings sehr tief und die Kinder finden es hier nicht so toll, da stacheliges Seegras im Wasser schwimmt, durch das man sich hindurchtasten muss. Wir schwimmen also erstmal nur kurz. Hier ist es auch wirklich voll. Und da wir gegen 11.30 Uhr erst eingetroffen sind, kann man es fast nur im Schatten aushalten. Wir picknicken und gegen 13 Uhr machen wir uns zu Fuß auf den Weg den Wadi entlang, denn dort soll es noch eine spannende Höhle geben, diesmal keine zum Hineinschwimmen sondern zum Hineingehen. Wobei sich das letztlich als leicht übertrieben herausstellt, denn eigentlich muss man krabbeln. Wir klettern wieder über Gesteinsbrocken und improvisierte Treppen die Schlucht entlang und queren dann an einer seichten Stelle mehrmals den Wadi, der sich hier auch wieder in verschiedene Becken ergießt. Der Wadi wird immer wilder und einsamer, die „Infrastruktur“ wird immer weniger und an einer der letzten Badestellen sehen wir dann kein Schild mehr, was uns zur Höhle weist. Dafür sitzen hier ein paar geschäftstüchtige junge Männer, die fragen, ob sie uns dorthin bringen sollen. Wir stimmen zu und letztlich wären wir ohne unseren Führer, der auch eine Stirnlampe dabei hat, vermutlich niemals in die Höhle gekrochen. Nach weiteren 15 Minuten erreichen wir den Eingang und der ist wirklich vielmehr eine Felsspalte, in die man sich hereingleiten lässt. Hier meldet sich kurz wieder meine Platzangst aber als die Kinder unserem Führer schon hinterher gekrochen sind, raffe ich mich auch dazu auf. Ein paar Meter muss man kriechen, dann kann man gebückt gehen und plötzlich auch stehen. Unser Führer zeigt uns mehrere kleine Fledermäuse die an der Decke der Höhle kleben. Ohne seine Stirnlampe wäre es hier stockfinster. Außer uns ist noch ein französisches Pärchen mitgekommen und die haben wenigstens ein Handy noch dabei, mit dem sie zusätzlich etwas leuchten. Aber sehr schnell
FledermausFledermausFledermaus

Wadi Bani Khalid
verlieren wir die Orientierung, während der Omani zielsicher durch die Höhle krabbelt, uns noch eine unterirdische Wasserstelle und einen kleinen Wasserfall zeigt. Zeitweise ist die Höhlendecke aber so niedrig, dass die Luft richtig schlecht und stickig ist und auch wenn dieses kleine Abenteuer ganz nach unserem Geschmack war, sind wir dann doch froh, wieder ans Tageslicht zu kriechen. Sein Trinkgeld hat sich unser Freund aber wirklich verdient und neben der Höhlenführung haben wir uns auch richtig nett mit ihm unterhalten. Auf dem Rückweg schwimme ich durch den Wadi während die anderen obenrum laufen und in einem seichten Pool auf halber Strecke baden wir nochmal alle. Hier gibt es auch kein pieksiges Seegras.

Am späten Nachmittag brechen wir auf in die Wüste. Vom kleinen Ort Bidiya am Rand der ersten riesigen roten Sanddünen sind es noch 11 km durch den Sand, die wir bis zu unserem Camp mitten in der Wahiba Wüste fahren. Dennis ist anfangs etwas nervös, wie es mit dem Allradfahren so klappt aber bald macht es richtig Spaß. Die Kinder juchzen vor Freude über das „Achterbahnfahren“ über die Sandhügel und wir genießen die Fahrt durch die Nachmittagssonne und die menschenleere Wüste. Manchmal schwimmt das Fahrzeug wie auf Eis aber insgesamt lässt es sich doch gut fahren auf dem Sand und da sich links und rechts nur endloses Nichts erstreckt fühlt man sich ein bisschen wie der König der Piste.

Wir erreichen ohne Zwischenfälle unser Camp. Mit Tee und Datteln werden wir empfangen und beziehen unser Zelt. Außer insgesamt fünf Betten und einer solarbetriebenen Lampe ist das große, aus Ziegen- und Kamelhaar gewebte, Zelt leer. Überflüssigen Komfort gibt es hier nicht. Dafür eine eigene, mit Palmenblatt umzäunte Dusche mit WC und Waschbecken hinter dem Zelt und ein gemütlicher überdachter Außenbereich mit Bodenkissen und Teppichen auf dem Sand und Blick in die weite rote Wüste. Außerdem einen kleinen – auf keinen Fall vom TÜV geprüften- Spielplatz, einen Pavillon mit Hängematten und –stühlen und ein gemauertes Haupthaus mit Küche und weiteren Räumen sowie der überdachten Terrasse zum Essen. Insgesamt 12 Zelte von unterschiedlicher Größe stehen im Camp. Wir gehen vor dem Abendessen nochmal zu den Kamelen und den Ziegen, die ein paar hundert Meter weiter ihren Stall haben und außen rum verteilt im Sand stehen und trockenes Gras fressen. Ein Mitarbeiter ist auch gerade dort und zeigt uns an „Sora“ dem ältesten der Kamele, die gerade trächtig ist, woran er erkennen kann, dass die Kamelstute demnächst ihr Baby bekommen wird, er schätzt in den nächsten 5 Tagen. Wenn wir also Glück haben, bekommen wir noch ein frisch geborenes Kamelbaby zu sehen in den nächsten zwei Tagen. Die Kamele und Ziegen dürfen sich hier frei bewegen, sie kommen abends von Alleine wieder in ihren Unterstand. Die Kamele sind aber auch manchmal ein paar Tage weg und „Sora“ war zu Beginn ihrer Schwangerschaft mehrere Wochen verschwunden, kam aber irgendwann wieder. Sorgen macht er sich nicht, dass sich ein Anderer das Kamel unter den Nagel reißt, wenn es so lange weg ist- sowas passiere hier nicht.

Um 18 Uhr gibt es hier ein bisschen Show, die Gäste dürfen traditionelle Beduinenkleider anprobieren und wir lernen ein paar ihrer Tänze. Ist ein bisschen wie verkleiden aber eine ganz netter Zeitvertreib bis zum Abendessen.

Das ist dann sehr reichhaltig mit Hühnchen-Kebabs, Reis, Gemüsecurry, gegrillten Hühnchenstüchen und Teigtaschen, dazu Salat, Suppe, arabisches Brot, Hummus und Auberginencreme. Außerdem etwas, was wir für Schaffleisch halten, da es ein wenig wie Lamm, aber etwas strenger schmeckt. Wir lernen dann aber, dass das Kamelfleisch ist. Sehr cholesterinarm und gesund wie unser Gastgeber betont. Etwas gewöhnungsbedürftig wie wir finden.

Nach dem Essen ist dann Lagerfeuer und Beduinengeschichten angesagt aber die Kinder sind todmüde und so bringen wir sie ins Bett und sitzen noch ein bisschen vor dem Zelt in unserer Wüstenlounge und betrachten die Sterne. Etliche kleine Kaninchen, die Haustiere der fünften und jüngsten Tochter unserer Gastgeber, besuchen uns. Am Tag sind sie etwas scheu aber nachts werden sie richtig zutraulich. Die Kinder haben sie nachmittags mit Gurkenscheiben und Apfelresten angefüttert und sie erwarten sich vielleicht noch ein Abendessen. Am nächsten Tag geben wir uns das volle Programm „Wüstenfeeling“. Nach dem Frühstück werden Ziegen gemolken und Ziegenbabys gestreichelt. Außerdem füttert Marlene ein ein Wochen altes Lamm mit Ziegenmilch aus der Flasche, da seine Mutter selbst keine Milch hat. Dass seine Amme eine Ziege ist scheint kein Problem zu sein, und das Lämmchen trinkt gierig die ganze Flasche leer. Danach gehen wir auf Wunsch der Kinder Kamelreiten. Marlene und ich sitzen auf einem Kamel, Mats und Dennis auf dem Anderen, wir schaukeln ein wenig durch die weite rote Wüste und tatsächlich genieße ich meinen Kamelritt etwas mehr als den letzten, den ich in Indien hatte, und als ziemlich schaukelig und unbequem empfunden hatte. Der größte Spaß ist wieder das Auf- und Absitzen, wenn das Kamel ruckartig mit dem Hinterteil in die Höhe schnellt bzw. mit den Vorderbeinen nach vorne einknickt, um sich hinzustellen bzw. abzusetzen. Ein kleines Mädchen aus Frankreich lässt sich von einer Beduinenfrau dann Henna aufmalen und natürlich möchte Marlene das auch. Nächster Punkt im Touristenprogramm abgehakt. Es sieht aber wirklich richtig hübsch aus, was die Frau ihr mit Hilfe einer Schablone auf Hand und Unterarm pinselt. Die meisten Gäste reisen nach einer Nacht ab aber wir haben noch eine weitere Nacht gebucht, um die Wüste richtig auszukosten. Den Nachmittag vertrödeln wir auf unserer schattigen Zeltterrasse. Wir spielen Karten, lesen, die Kinder Malen und spielen mit den Kaninchen. Es ist unfassbar still und friedlich hier. Und das trotz zweier Kleinkinder. Wir haben noch reichlich Essen für ein leckeres Picknick am Mittag und können uns in der Küche zwischendurch mit Wasser, Obst und unserem neuen Lieblingsgetränk karak, köstlichem gezuckertem Gewürztee mit Kardamom, Saffran und Milch, versorgen.

Am Nachmittag erwacht das Camp wieder zum Leben, neue Gäste reisen an, die Kinder finden Freunde zum Spielen und man kann so langsam auch wieder barfuß auf dem heißen Sand laufen und den Spielplatz benutzen. Zum Sonnenuntergang steigen wir heute auf die Dünen hinter dem Camp und nehmen die Sandboards aus dem Camp mit. Oben ist es wunderschön, man kann so weit blicken, überall nur rote Dünen und Sand. Unten unser Camp, ein paar Kamele und sonst einfach garnichts. Wir hüpfen eine gefühlte Ewigkeit durch den weichen Sand, machen Wettrennen mit den Schlitten die Dünen hinunter (funktioniert nur so halb gut) und die Kinder rollen sich durch den Sand, sodass mir schon vor dem nächsten Haare Waschen graut. Leider gibt es, da hier wie fast überall im Land kein Alkohol ausgeschenkt oder verkauft wird, zum „Sundowner“ nur köstliches, warmes und irgendwann mit Sand vermischtes, Wasser. Ein Gin Tonic zu diesem Sonnenuntergang wäre jetzt ein Traum. Mit der untergehenden Sonne kühlt es schlagartig ab und wir steigen wieder ab ins Camp.

Das Tanzen sparen wir uns heute aber dafür gehen wir nach dem Essen dieses Mal zum Lagerfeuer. Warm angezogen, denn die Nächte hier sind empfindlich kalt, gruppieren wir uns um unseren Gastgeber, der uns dann aus dem Nomadenleben der Beduinen erzählt, dass er in seiner Kindheit noch selbst miterlebt hat. Noch 1970 lebten in den Wahiba Sands 10.000 Nomaden, hauptsächlich Ziegen- und Kamelhirten, heute sind es noch etwa 500. Alle anderen sind inzwischen in die kleinen Städte am Rand der Wüste gezogen. Der kürzlich verstorbene Sultan Quaboos, der das Emirat grundlegend modernisierte, hat in alle noch so kleinen Dörfer Elektrizität, medizinische Versorgung, Internet und Schulen gebracht und damit die jüngere Generation in die Dörfer gelockt. Auch unser Gastgeber lebt mit seiner Frau, seinen zwei Söhnen und fünf Töchtern inzwischen in einem Dorf am Wüstenrand, wo die Kinder zur Schule gehen und sie einen gewissen Komfort haben. Wir lernen viel über Kamele, zum Beispiel dass die Tiere bis zu 100 Liter Wasser speichern können und somit zum Notfall-Überlebensretter ihres Besitzers werden können, der das Kamel dann schlachten und das Wasser aus dem Magen des Kamels filtern und trinken kann. Um 100 Liter auf einmal zu trinken braucht das Kamel übrigens etwa eine Stunde. Außerdem lernen wir, dass die Beduinen mit den wasserundurchlässigen Kamelhäuten den Morgendunst in den Dünen auffangen und somit etwa einen Liter Trinkwasser pro Tag zum Trinken gewinnen. Dass Kamelknochen als Schreibtafeln benutzt werden, Kamelhaar zum Flechten von Seilen und Kamelurin mit Kamelmilch vermischt gegen Leberleiden helfen soll. Ja, man muss es dazu trinken. Nein, er hat es noch nie versucht, seiner Leber geht es gut. Wir dürfen auch Fragen stellen und lernen, dass es hier in der Wüste sowohl tödliche Schlangen als auch giftige gelbe Skorpione gibt, die sich aber alle jetzt im Winter nicht zeigen. Wir erfahren auch, dass er hofft, dass das neue Kamelfohlen, dass geboren ist vielleicht ein besonders schnelles Tier wird und er es für einen guten Preis als Rennkamel verkaufen kann. Die teuersten Rennkamele gehen hier übrigens für ca. 100.000 Rial (mehr als 200.000 Euro) weg. Kamelrennsport ist die beliebteste Sportart im Land. Die Kamele werden inzwischen durch vollautomatische Roboter geritten und von der Tribüne aus gelenkt.

Mats schläft am Lagerfeuer auf Dennis‘ Arm ein und wir sitzen fast zwei Stunden dort, lauschen den Geschichten, schauen ins Feuer und genießen den unendlichen Sternenhimmel. Was für ein schöner Abschluss. Nach einer erneut etwas kalten Nacht, die wir unter dicken Wolldecken verbringen, gehen wir am Morgen vor dem Frühstück noch einmal zu den Ziegenbabys und müssen leider feststellen, dass die Kameldame Sora uns keine Baby-Überraschung beschert hat. Nach dem Frühstück packen wir zusammen und fahren wieder über die weiten weichen Sandpisten zurück ins Dorf. Dort will Dennis seiner Urlaubstradition nachgehen und zum Friseur und Barbier gehen. Der Rest von uns macht währenddessen noch ein paar Einkäufe für die Weiterfahrt, wir brauchen Wasser, Obst und Snacks. Dennis lässt sich so lange für ganze 8 Euro die Haare schneiden, den Bart rasieren, die Nasenhaare entfernen und mit mehreren Runden Peeling die Gesichtshaut wegschmirgeln. Tatsächlich ist die Haut danach babyzart und super rein. Ich glaube es war die erste kosmetische Gesichtsbehandlung seines Lebens ;-)

Unsere nächste Station wird die kleine Stadt Nizwa am Rande des Hajar Gebirges sein. Heute haben wir mit ca. 3 Stunden die längste Fahrstrecke vor uns.


Additional photos below
Photos: 23, Displayed: 23


Advertisement



Tot: 0.141s; Tpl: 0.016s; cc: 8; qc: 59; dbt: 0.0838s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1; ; mem: 1.2mb