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Published: September 17th 2018
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Tropische Klänge begleiten mich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Das stete Surren, Rascheln, Knistern, Summen und Zwitschern das mich umgibt berauscht mich wie Musik in meinen Ohren. Ich bin angekommen in Peru und es ist magisch. Ich versuche mich voll auf dieses wundervolle Land einzulassen, nicht mit vorherigen Erfahrungen zu vergleichen, und doch erinnert mich alles unweigerlich ein bisschen an meine Zeit in Nicaragua. Das Leben hier im Amazonasgebiet ist einfach: die Straßen sind mugelige Erdpfade und bis auf die Hauptverbindungen nicht ausgebaut, sie werden beherrscht von Mototaxis und Motorrollern, auf den Gehwegen (sofern vorhanden) begegnen einem Menschen, allem voran Kinder, Straßenkiosk-Verkäufer und wilde Hunde. Man begegnet “gringos” mit Respekt, Distanz und Neugierde: Tourismus kennt man hier noch nicht. Auch Englisch hat noch keinen Einzug gefunden.
Ein kleiner Junge der direkt vor seinem Haus, noch in der Tür stehend, freiluftpinkelt und uns drei gringos dabei völlig unbeeindruckt beäugt, hat sich für mich maßgeblich in mein Gehirn eingebrannt. Moyobamba ist ursprünglich. Moyobamba ist ungeniert, echt und wild. Ich mag Moyobamba.
Eine alte Frau sitzt auf der Straße und verkauft Fruchtsaft aus grellgelben Palmenfrüchten. Als wir zu ihr gehen und für je zwei Soles (50 Cent) bestellen, füllt
sie uns den Saft aus ihrem Plastikkübel mit einer Schöpfkelle in zwei Gläser. Wir wollen wissen, wie sie die Gläser wäscht, woraufhin sie uns einen anderen Plastikkübel mit Wasser zeigt. Und was ist in dem Wasser? Seife?, fragen wir sie. Nichts, sagt sie lächelnd, nur Wasser. Und prompt wird mir klar, dass wir soeben alle Regeln des “guten” Lateinamerika-Touristen gebrochen haben: Ungeschältes, ungewaschenes, ungekochtes Obst aus einem Plastikkübel auf der Straße, serviert in einem mit unreinem Leitungswasser gewaschenen Glas. Und es schmeckt so gut…
Noch einmal kurz zurück zum Anfang meiner Peru-Geschichte: Mein Weg nach Tarapoto (dem naheliegendsten Flughafen zu meinem Zielort) war lang und steckte voller Überraschungen: Anstatt einer 26-stündigen Anreise mit kurzen Zwischenstopps in Madrid und Lima, war ich ganze 48 Stunden unterwegs bis ich endlich in meinem AirBnb in Moyobamba angekommen war. Um 23:30 anstatt um 13:00 Uhr. Glücklicherweise hatte ich an meinen ersten Tagen nichts geplant außer “anzukommen”, insofern war das Abenteuer bis auf die ungewissen Wartezeiten am Flughafen ganz aufregend. Nach meinem 12-Stunden Flug von Madrid nach Lima hieß es also um 09:00 Uhr früh ab in die Stadt - immerhin hatte ich nun fast 10 Stunden Aufenthalt nachdem ich den Anschlussflug
verpasst hatte und nicht vor den ganzen Tag am Flughafen zu verbringen. Nach Empfehlung der LATAM Mitarbeiterin die meinen Flug umbuchte, bestellte ich mir mit Hilfe einer netten Dame in der Ankunftshalle ein Taxi nach Miraflores, einem der teuersten und touristischen Viertel Limas. Ich wurde leider etwas vom trüben Klima Limas überrascht, immerhin hätte ich bei tropischen 30 Grad im Amazonasgebiet ankommen sollen, nun erwarteten mich 17 Grad und eine pazifisch kühl-feuchte Brise. Und doch war es fein ein paar Stunden an der frischen Luft, mit Kaffee, Snacks und Ausblick über die Pazifikküste zu verbringen bevor es abends wieder per Taxi zurück an den Flughafen ging für meinen letzten Flug: LIM-TPP.
Endlich angekommen in Tarapoto war es 20:00 Uhr und es galt nur noch eine kleine Hürde zu bewältigen: Den Weg vom Flughafen zu meiner Unterkunft in Moyobamba. Mit dem Mototaxi ging es also erstmal zum Collectivo (zu einer Station für Sammeltaxis), dort musste ich dann noch eine gute Stunde warten bis unser Taxi voll und somit zur Abfahrt bereit war. Jeder Fahrgast zahlt einen fixen Tarif, nimmt aber in Kauf, dass das Auto erst abfährt, wenn es voll ist. Wer es eilig hat, muss für die
fehlenden Gäste den vollen Tarif aufzahlen. Das System ist mir nicht neu, daher war ich nicht verwundert, dass ich noch eine Weile dort verbringen sollte.
Von Tarapoto nach Moyobamba ging es dann noch 2 Stunden kurvige Bergstraßen durch den Urwald. Es war stockdunkel, ich ziemlich erledigt und eingezwängt zwischen zwei Peruanern am Mittelsitz auf der Rückbank unseres Taxis. Eigentlich eine gemütliche Sandwich-Situation für ein wohlverdientes Nickerchen während der Fahrt. Die Tatsache, dass das Auto vor der Abfahrt nicht anspringen wollte und nur mit Starthilfe überhaupt ins Rollen kam störte mich noch nicht… doch als ich immer wieder kurz wach wurde und unserem Fahrer beim “Cruisen” durch die dunklen Bergstraßen zusah während laute peruanische Volksmusik aus dem Radio dröhnte, wurde mir bewusst, dass ich am Mittelsitz ohne Gurt nicht gerade in der besten Ausgangslage war sollten wir wider Erwarten auf Gegenverkehr treffen. Zu müde um mir ernsthaft Gedanken darüber zu machen, döste ich schlaftrunken weiter bis zu unserer Ankunft bei der Station in Moyobamba.
23:00 Uhr - und ich ging hundemüde in Richtung Straße um nun noch ein Mototaxi zu meiner Unterkunft zu finden. 3 Soles und 10 Minuten später war es dann endlich so
weit. Ich stand vor einem großen Tor und läutete erwartungsfroh eine Türglocke, der Mototaxi Fahrer wartete im Dunkeln noch mit mir, was ich sehr nett von ihm fand. Keine Menschenseele weit und breit. Zugegebenermaßen war ich gute 10 Stunden zu spät und konnte meinem AirBnb Gastgeber noch dazu außer durch ein knappes E-Mail vom Flughafen in Lima nicht Bescheid geben wann wie wo ich ankommen würde. Als Tao mir dann die Tür öffnete und meine Taschen abnahm war ich augenblicklich erleichtert (im wahrsten Sinne des Wortes) und so müde, dass ich eigentlich nur mehr ins Bett wollte. Dass er sich auf meine Ankunft gefreut hat und mich noch eine Stunde lang durch seine Fragen und Geschichten wach gehalten hat, macht ihn zwar sympathisch, allerdings war ich dann doch mehr als froh als der Tag nach 48 Stunden ohne Bett endlich endete.
Nachdem ich Tao kennengelernt hatte, traf ich am nächsten Tag auch Bianca und Bryson aus Florida. Die beiden sind, so wie ich, für das Yoga Teacher Training nach Moyobamba gekommen, haben aber davor schon ein Monat in Ecuador und Peru verbracht. Die letzen Wochen waren sie hier in Moyobamba in Taos Haus, erkundeten die Gegend und
arbeiteten an kleinen Online-Projekten. Sie begrüßten mich sehr herzlich und freuten sich nach drei Wochen Dschungel und Zweisamkeit auf regen Austausch. Ich hab die beiden auf Anhieb ins Herz geschlossen und sie mich. Auch Tao beschloss spontan noch ein paar Tage bei uns zu bleiben - er ist Wissenschafter und beschäftigt sich im peruanischen Amazonasgebiet mit dem Schutz und Anbau von heimischen Wäldern und Pflanzen, daher verbringt er eigentlich die meiste Zeit auf seinem Forschungsstützpunkt während er das Haus in Moyobamba immer wieder vermietet. Taos Anwesen ist groß, voller tropischer Pflanzen, mit einem Yoga-Deck mit Ausblick über den Urwald und die peruanischen Berge, einem Haupthaus, einem Bungalow und einem Glashaus wo er Jungpflanzen züchtet. Wir verbrachten unsere Tage in Ruhe und im Einklang, mit gutem frischem Essen, Matcha und Kräutertee, mit viel Yoga und ohne Internet, dafür umso mehr Spaziergängen durch unser neues Zuhause für die kommenden Wochen: Moyobamba.
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