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Published: October 20th 2008
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Der ereignisreichste und bisher tollste Tag dieses ganzen Aufenthalts war fuer mich der vergangene Samstag.
Bereits um 4 wurde ich von einem Hoellenlaerm geweckt, wir brachen Richtung Viehmarkt auf. Mit mir im Auto waren noch fuenf Personen, Narci konnte aufgrund seiner Vorlesungen nicht mehr mitkommen. So bereute ich meine Entscheidung auch schon recht frueh, weil es nicht sooo interessant fuer mich zu werden schien. Die Landschaft entschaedigte mich schon bald fuer mein Grollen.. ich habe noch nie Berge wie diese gesehen, als wir von der Strasse auf eine pista abbogen und uns von Serpentinen ins Tal tragen liessen, um dann erneut wieder 3000 m zu erklimmen.. unglaublich.
Die feria fand in Paccha statt, etwa 2 Autostunden von Ayacucho entfernt. Unterwegs wurden wir von der Selva (Regenwald) -Polizei angehalten, die das Auto auf Kokain durchsuchte, der es aber anscheinend egal war, dass wir zuviele Leute im Auto waren. ¡Así es el Perú! Wir kamen dann auch tatsaechlich an. Das Ganze aehnelte einem Stoppelmarkt in klein. Tiere und ein Markt, viel Essen. Und so durfte ich auch endlich die ersten Lamas und Alpakas bewundern! Ihre Besitzer hatten sie ganz bunt geschmueckt und sie trugen Bommel an den Ohren. Waehrend die Lamas noch irgendwie
majestaetisch aussehen mit ihren hocherhobenen Koepfen, wirken die Alpakas eher wie eine Kreuzung aus Pudel und Giraffe oder Lama, die man zulange geschleudert hat.
Nachdem ich zweimal gefruehstueckt hatte (einmal Suppe und das andere Mal gab es Broetchen und ein bisschen Fisch) fand der Wettbewerb statt. Zunaechst wurde nach natuerlich die Fahne gehisst und die Nationalhymne gesungen, wie das bei allen oeffentlichen Festen und auch sonst, wenn viele Menschen beisammen sind und ein fitzelchen Platz fuer die Fahne ist, gemacht wird. Die Peruaner sind im Besitz eines sehr krassen Nationalstolzes. Staendig ist irgendwas - Autos, Kuehe, Hauser... - rotweiss geschmueckt oder mit Aufschriften wie "Somos 100% peruanos" bedruckt. Zum Glueck habe ich bisher noch keine Xenophobie kennengelernt und so Sachen wie "gringa" oder "gringita" ignoriere ich einfach. Soll ja den US-Amerikanerinnen vorbehalten sein! 😉
Aeh.. zurueck zum Thema. Nach einigen Reden der traditionellen Eliten (einer trug eine richtige Tracht.. aber sein weisses Hemd war nur eine nach innen gedrehte Windjacke ^^), von denen einer behauptete, Peru sei nicht arm (wobei es eigentlich stimmt, auch wenn ich jetzt so ironisch berichte. Klar, zuhause habe ich immer Wasser und Strom (gestern fehlte beides) und materiell gesehen sind wir eine der reichsten Nationen
dieser Erde. Aber dafuer haben die Menschen hier das, was uns gaenzlich abhanden gekommen ist. Lebensfreude, Gelassenheit, Ruhe, Temperament, Frieden mit sich selbst. Wenn der Bus jetzt nicht kommt? Warum sollten wir uns aufregen, kommt schon noch ein anderer... geistig sind die Menschen hier so viel reicher als wir. Mein Reisefuehrer, den ich eigentlich verteufle, meint, dass Stress und Hektik westliche Erfindungen sind. Und genauso ist es.).
Der Wettbewerb. Nunja, da wurden Kuehe gemolken, Schafe vermessen, Alpakawolle untersucht. Viele Menschen fanden dieses Spektakel sehr interessant, ich fands stinkoede. Trotzdem habe ich brav fuer Mickeas jede, JEDE einzelne Kuh fotografiert. Das sich mir dabei auffallend wuetene Stiere naehrten, merkte ich auch erst, als mir ein so Geraet seine Hoerner in meine eh schon geschundenen Beine rammen wollte. Ein Sprung zur Seite rette mich, aber danach hatte ich keine Lust mehr auf Kuehe.
Also ging ich essen. Da man mich irgendwie der Organisation faelschlicherweise zuordnete, bekam ich gratis Essen. Was gab es? Meerschweinchen natuerlich. Mir servierte man den Kopf. Toll. Ich mag die Dinger ja wirklich gern essen, aber nicht ihren Kopf! Nachdem ich das dann irgendwie erklaert habe, bekam ich das Hinterteil, das ich gierig verschlang.
Gerade als ich
Eine Ziege.
Dieses Monstrum hat dem Beelzebub bestimmt seinen Huf geschenkt. fertig war, wurde mir der naechste Teller gereicht. Alpakafleisch, erfuhr ich dann. Ein bisschen zoegerlich probierte ich, das Ganze sah mehr aus wie Ball aus totem Tier. Alpakafleisch schmeckt wie ein perfektes Grillsteak! Gluecklich nuckelte ich an meinem "Deutschland-im-Sommer"-Geschmack, als auf einmal jemand schrie, wir muessten JETZT, JETZT nach Hause. Geil. -.- Also, durfte ich Abschied von meinem toten Alpkaka nehmen und mich mit den anderen in den Gelaendewagen quetschen (das hat man sich also damals bei der Konstuktion gedacht.. Perus Pistas sind unmoeglich mit normalen Autos zu befahren. Grossstadtdschungels und Kleinstaedte in Deutschland benoetigen KEINE Bullenfaenger!).. Mickeas fuhr im Kofferraum mit zurueck.
Zurueck in der Zivilisation spielte ich einige Runden UNO mit den anderen, um danach zur Kirche zu gehen. So ist es nunmal. Am Samstag gehen die Jugendlichen zur Messe. Aber es ist trotzdem schoen fuer mich, Gesellschaft zu haben.
Und dann began unsere Nacht. Ich hatte mit Laura verabredet, dass wir uns um 9 im Parque treffen wuerden. Und so war es dann auch, nachdem wir noch einen Freund von Loida eingesackt hatten. Ploetzlichen standen wir uns telefonierend gegenueber und fielen uns in die Arme. Wir stellten unsere Mitbringsel einander vor und dann zogen wir
nicht los, eine Bar zu suchen und hemmungslos Wodka zu konsumieren, wie wir es geplant hatten, nein, wir gingen gleich in die Disko. Oben Restaurant, im Keller schummrige Beleuchtung, Salsamusik und Bier. Etwas anderes kann man nur selten in den Diskos bekommen, also schlaengelten Laura und ich uns an den tanzden Koerpern (ja, um 9, Leute. Kann man sich das vorstellen zuhause?) nach oben, denn das Restaurant war im Besitz einer...tada... Minibar. 😉 Eine Karaffe Pisco Sour kostete gerade mal S./ 15 (ca. 3.75 Euro), ColaRum S./ 12 (3 Euro). Der Alkohol floss also in Stroemen, die Musik wurde immer besser und wir tanzten, bis unsere Beine weh taten. Schliesslich wurden viele Sessel, Baenke und Sofas zusammengeschoben, es bildete sich ein grosses Kollektiv und es wurde getrunken und gelacht. Was fuer eine Nacht!
Doch wir zogen noch weiter. Die naechste Disko stand im Ruf, dreckiger und dunkler zu sein. So war es dann auch. Es roch nach Urin und Erbrochenem und war so duester, das man viele Leute nicht richtig erkannte. Dafuer war die Musik besser und der ColaRum kostete nur S./ 8 (2 Euro.. fuer eine Karaffe. 😉 ).. ein Wettsaufen mit Laura brachte mich an den Rand des
Geradegehen-Koennens und als wir dann diese Staette verliessen, entschieden Loida und ich uns, lieber nach Hause zu fahren, als noch mit Laura und ihren Freundinnen weiterzuziehen.
Bleibt zu sagen: Was fuer ein Tag. Was fuer eine Nacht. ¡Perù, te amo!
Das Leben hat mich wieder.
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Marcel
non-member comment
Hey, diese Berge da beeindrucken dich mehr als deine heimatlichen Dammer Berge? Wie kann das denn... Aber schön zu lesen, dass du immer noch ganz ordentlich trinken kannst. Mischt du den Cola/Rum dahinten auch noch mit einem extra Getränk zu einem Manu-Spezial um den Peruanern das Fürchten zu lehren?^^