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Hallo ihr Lieben,
nach so viel (wunderschoener) Natur in den letzten Wochen, war es mal wieder Zeit auch der Kunst & Kultur ein wenig zu froenen. So hat uns unsere Reise diesmal mitten hinein in laengst vergangene Zeiten gefuehrt. Und in was fuer Zeiten!
Potosi galt im spaeten 16., 17. und 18. Jahrhundert als eine der reichsten Staedte der Erde. Ende des 16. Jahrhunderts zaehlte die Stadt bereits 120000 Einwohner - ausser London konnte damals keine Stadt in Europa eine solche Einwohnerzahl vorweisen. Das Ganze ist um so verrueckter wenn man sich klar macht, dass
Potosi auf schlappen 4070 m liegt und dass in solchen Hoehen praktisch nichts Essbares fuer eine solche enorme Einwohnerzahl gedeiht. Wie also kam es, dass
Potosi einen solchen fabelhaften Aufschwung hinter sich legen konnte? Die Antwort ist einfach: Silber.
Wie ein Symbol vergangenen Reichtums ragt hinter der Stadt mit 4830m der
Cerro Rico (=reicher Berg) auf. In diesem fand einst ein Indio beim Hueten der Schafe eine Silberader, die sich in den folgenden Jahrzehnten als reichste Silbermine der Welt herausstellte. Von den unglaublichen Mengen Silber, die man diesem einzigartigen Berg entriss, kann man sich heute nur schwer ein Bild machen. Fest steht, dass einige Wenige
- Spanier natuerlich - dank des
Cerro Rico unermesslich reich wurden und dies gerne und oft zur Schau stellten: ganz
Potosi protzte damals mit seinem Reichtum. In Brokat und Seide gekleidet fanden damals rauschende Feste statt, Goldschmuck zu tragen war etwas ganz alltaegliches (sogar den Sklaven war es gestattet Perlen zu tragen), alle Kuechenutensilien bis hin zur Suppenkelle waren aus reinem Silber hergestellt. Um das Jahr 1770 herum wurde die
Casa real de la moneda - "die koenigliche Muenze" -, das Gebaeude in dem das Silber der Stadt gepraegt wurde (noch bis 1956 wurden hier die bolivianischen Muenzen gepraegt) neu gebaut. Die Kosten dieses gigantischen Bauwerks beliefen sich auf ca. 2 Mio Piaster (ca. 2 Mio Dollar).
Die Leidtragenden des Silberregens waren einmal mehr die Indios. Zu Tausenden kamen sie - gezwungen oder freiwillig gingen sie in die Stollen, um fuer die fremden Herren das glaenzende Metall zu foerdern oder um die Schmelzoefen zu bedienen, die Nacht fuer Nacht die Hoehen des Berges erleuchteten. Keiner weiss wieviele Menschen damals ihr Leben in den Stollen lassen mussten. Soziologen sorechen gar von 8 Millionen Menschenleben. Noch heute liegt die durchschnittliche Lebenserwartung der Minenarbeiter bei nur 35 Jahren - die extremen Arbeitsbedingungen, wie
z.B. grosse Temperaturunterschiede und giftige Daempfe sind hierfuer die Hauptgruende.
Doch der Zauber des Reichtums waehrte nicht lange: Bereits 1825 waren von den anfaenglich 5000 Schuerfstellen des Silberberges nur noch 50 in Betrieb: Die Quelle des Reichtums war versiegt.
Doch noch immer muss der
Cerro Rico herhalten: Heute wird in den Minen Potosis v.a. Zink abgebaut.
Nachdem wir uns an die doch recht duenne Luft in
Potosi gewoehnt hatten, haben wir auf einigen Streifzuegen die schoenen Seiten des einstigen Reichtums dieser Stadt genossen. Allein fast 40 Kirchen, teilweise verfallen, hat die heute 150 000 Einwohner zaehlende hoechste Grosstadt der Welt zu bieten. An vielen dieser Kirchen waren indianischen Steinmetze beteiligt: sie hinterliessen mit ihren naiv-kindlichen Engelsgesichtern, sowie mit Symbolen von Sonne & Mond ihre ganz eigene Handschrift auf vielen von Potosis Kirchenfassaden. Ebenfalls unvergessen bleibt unser Nachmittag im
Covento Sta. Teresa , wo sich uns viele Einblicke aufgetan haben und viele Eindruecke geblieben sind.
Aber nachdem es wie schon gesagt auf 4000 m doch immer wieder empfindlich kalt wird, haben wir auch Zeit in unserer angemieteten sogenannten suite verbracht. Normalerweise sind wir ja mit einem Doppelzimmer durchaus zufriedenzustellen, aber nachdem die Suite das einzige Zimmer war, das ueber
eine Heizung verfuegte, haben wir uns dann doch fuer diesen kleinen Luxus entschieden. Keine Angst: suite ist nicht = suite und eine bolivianische Suite schon gar nicht. Wir mussten also deswegen nicht am Hungertuch nagen.
Die letzten 3 Tage haben wir dann 25 km entfernt - und immerhin 500 m tiefer - auf der
Hacienda Cayara verbracht. Die Hacienda wurde 1552 gebaut und ist seit 1901 in Besitz der Familie Aitken. Obwohl der Zahn der Zeit auch hier vor den verschiedenen Gebaeuden nicht Halt gemacht hat, ist sie eine recht komfortable - wenn auch wieder einmal etwas kalte - Unterkunft und besticht durch ihre sehr gut erhaltenen Kolonialmoebel, ihre Bibliothek mit Buechern teils aus dem 17. Jahrhundert und ihren vielen Gemaelden aus laengst vergangenen Zeiten. Wir hatten das Glueck die einzigen Gaeste der Hacienda zu sein und haben die Tage im schoenen Patio (da war es unter anderem schoen warm) und die Abende am offenen Kamin im wunderschoenen Salon - mit einem Glas Wein vor uns - wirklich genossen. Die Geschichte der Hacienda (uebrigens die Aelteste des Landes und von einigen Praesidenten besucht - aber wer in Bolivien ist nicht irgendwann einmal Praesident gewesen...;-)) hat immer wieder Edgar, Verwalter und
Aitken-Enkel, fuer uns lebendig werden lassen. Am Abend vor dem Kamin mit einem guten Glas Singani fuer Jeden, sowie am Morgen in der Kaeserei von Cayara - umgeben von Kuehen (die leider alle auf Grund der extremen Hoehe Herzprobleme haben und deshalb nicht allzuviel Milch geben). Es war schoen Edgar kennengelernt zu haben - und es war eine Ehre auf
Cayara - einem Ort der Ruhe und des Friedens - residiert zu haben. Gracias, Edgar!!!
Vorgestern sind wir nun in einem weiteren kolonialen Juwel Suedamerikas angekommen - in
Sucre, der Hauptstadt Boliviens. Wir finden sie hat starke Aehnlichkeit mit Stuttgart und da wir ein wunderschoenes Zimmer in Hanglage mit perfektem Blick ueber die Lichter der Stadt bekommen haben, fuehlen wir uns hier schon richtig heimisch. Um ehrlich zu sein fuehlen wir uns sogar so pudelwohl, dass wir im Moment noch nicht wissen wann wir ueberhaupt wieder aufbrechen....auf jeden Fall aber werden wir uns
Evo Morales Auftritt hier am 25.05., bei einem Festakt zu Ehren des ersten Versuchs der Unabhaengigkeit Boliviens 1809, nicht entgehen lassen. Wir berichten dann welchen seiner kuscheligen, buntgeringelten Wollpullis er denn nun getragen hat :-)
Es druecken euch ganz fest,
Tengan suerte, chicos !!!!
Silke & Raphael
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