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Published: April 19th 2012
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Patagonien. Seit ich Bruce Chatwin gelesen habe, wusste ich, hier will ich hin. Chatwins Ziel war die Höhle von Milodón (wo Resten von einem Riesenfaultier gefunden wurden). Wir brauchten nicht wie Chatwin 6 Monate um die Höhle zu finden, wir schafften das schon am dritten Tag. Wenn ich 6 Monate dafür unterwegs gewesen wäre, hätte mich die Höhle wohl ein Bisschen enttäuscht. Gut ja, sie ist gross und die Idee, dass hier ein 4m-Faultier gehaust hat, fasziniert - aber ja, das Mylodon ist vor 10'000 Jahren ausgestorben und die Replika beim Eingang der Höhle ist aus Plastik.
Aber wir kamen nicht deswegen hierher, sondern wegen der Gletscher, der Berge, der Steppe, der Weite... Und ja, wir wurden fündig!
Die Gletscher hier haben mich umgehauen! Vor allem weil sie im Lago Argentino, d.h. im Wasser enden, bekommt man einen Eindruck von deren unglaublichen Grösse. Vom Wasser aus betrachtet steht eine Rieseneismauer vor einem. Glaciar Spegazzini z.B. ist über 100 Meter hoch, eine Eismauer so hoch wie das Münster. Glaciar Upsala kalbt riesige Eisberge in den See und man wähnt sich in der Antarktis, wenn man durch das Wasser tuckert. Der König der Gletscher ist aber Perito Moreno, der wächst noch
immer und wirft daher täglich riesige Eisblöcke ins Meer. Ich bin (ungelogen) 6 Stunden davor gestanden und gewartet bis er wieder kalbt. Zu Beginn fielen nur ein paar kleine Eiswürfel ins Wasser, aber nachdem ich eine Stunde gewartet hatte viel ein Block von gut der Hälfte seiner Höhe direkt vor meinem Aussichtspunkt ins Wasser. Perito Moreno ist gut 60m hoch, das heisst ein Eisblock von der Hälfte, entspricht 30m oder einem 10-Stöckigen Gebäude! Ich hätte beinahe applaudiert :-) Die kommenden Stunden habe ich dann mit Gletschermedidation zugebracht: Im kalten Wind stehen und auf den Gletscher glotzen und warten bis wieder etwas passiert. Gegen Nachmittag hat sich das warten aber gelohnt, als noch zwei Eistürme mit riesigem Getöse ins Wasser stürzten. Die kleinen Eiswürfel, die ich zu Beginn und im Verlaufe des Tages habe abbrechen sehen, waren vermutlich auch keine Eiswürfel, sondern hatten rein vom Geräusch zu beurteilen wohl die Grösse zwischen einem Lastwagen und einem Einfamilienhaus...
Nach Kolumbien, ganz im Norden des Kontinents war der Südzipfel ein rechter Kontrast. Nicht nur klimatisch und kulturell, auch ganz andere Touristen trifft man hier. Alle sind super ausgerüstet mit Goretexjacken, Wanderstöcken, Northface-Fleeces und machen einen hyperaktiven Eindruck. Alles müssen sie sehen, die
grösseren Wanderungen müssen sie machen und vor allem schneller als die anderen. Wir haben Leute getroffen, die wirklich durch die Täler rennen. In Kolumbien hingegen trafen wir Leute, die noch viel mehr Zeit hatten als wir. Und interessanterweise haben wir in Kolumbien kaum einen Touristen getroffen, der kein Spanisch sprach. In Patagonien hingegen konnten die meisten kaum spanisch. Aber immerhin hatten sie Wanderstöcke und Goretexjacken.
Wir sind keine Bergsteiger aber die Gipfel von Torres del Paine und vom Fitz Roy wollten wir uns doch aus der Nähe ansehen. Hier hat uns der Wind jeweils einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber der Weg ist ja das Ziel. Im Parque Nacional Torres del Paine haben wir in einem Refugio geschlafen und sind früh auf, damit wir die Wanderung einigermassen gemütlich angehen können (mein Schatz ist nun mal eher Flaches Land gewöhnt). Nach ca. 4 Stunden, kurz vor dem letzten Aufstieg hat uns ein Parkwächter angesprochen und uns davon abgeraten, den letzten Aufstieg (jener welcher einem fast an den Fuss dieser 2000m-Granittürme bringt) zu machen, da einem der Wind einen dort locker zu Boden werfen kann. Wir sagten uns, dass man einen lokalen Rat in extermerem Gelände immer folgen sollte
und verzichteten darauf und nahmen ein klein wenig enttäuscht den Rückweg unter die Wanderschuhe. Aber die Aussicht während der Wanderung hat uns entschädigt. Und dass die Natur hier derart unberührt ist, dass man das Wasser direkt aus den Bächen trinken kann, entschädigt für noch mehr. Und ja, auf dem Rückweg haben wir den Wind gefühlt, heftig genug um einen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Als der Wind gegen den Talausgang etwas nachliess kam uns ein Engländer mit Wanderstöcken entgegen, welcher schon so kaum ein Gleichgewicht hatte und meinte "that's bloody nasty - does it get better?" Ich musste ihn enttäuschen und hoffte, dass er es heil wieder nachhause schafft. - Die Geschichte wiederholte sich im Parque Nacional de los Glaciares in Argentinien, wo wir den Fitz Roy bestaunen wollten. Auch hier wurde uns wegen heftigem Wind vom letzten Aufstieg abgeraten. Wir waren etwas weniger enttäuscht, da wir die ganze Wanderung durch eine Hammeraussicht auf das Bergmassiv hatten. Dass sich der Gipfel in Wolken hüllte, störte uns nicht weiter, da wir zumindest trocken blieben. Die Regenfront hinter uns verfolgte uns zwar, aber erreichte uns nicht. Der Wind trug etwas zu uns, aber wir wanderten meistens bei strahlendem Sonnenschein, welcher die Farben
des patagonischen Herbstes zur vollen Geltung brachte. Am nächsten Tag in El Chaltén (Ausgangspunkt für unsere Wanderung) haben wir dann noch etwas besser verstanden, warum die Kellner im einen Restaurant T-Shirts trugen mit dem Aufdruck "Viento - Mucho Viento" trugen. Der Wind hatte noch einen Zacken zugelegt und wir waren froh, dass wir uns bald wieder in den Bus zurück nach El Calafate, Puerto Natales und letztlich Punta Arenas setzen könnnen.
Busreisen gehört nebst dem Wandern zu den schönsten Dingen in Patagonien. Von El Chaltén nach El Calafate fuhren wir durch gelbe Steppe, neben uns ein Fluss mit milchiggründem Gletscherwasser, am Horizont der Lago Viedma mit dem Viedma-Gletscher und dahinter das Bergmassiv mit dem Fitz Roy (diesmal ohne Wolken), einfach unglaublich. Wenn ich so im Bus sass auf solchen Reisen, dachte ich mir ich könnte wohl ein Leben lang einfach durch Patagonien fahren.
Wegen der Städte und Dörfer hingegen, würde ich wohl nicht hierher kommen. El Chaltén ist zwar schweinegemütlich aber derart weg von allem, dass es weder Mobilfunk noch vernünftiges Internet gibt. Die Strassen sind grösstenteils ungeteert aber immerhin haben sie einen Pizzakurrier, der kommt mit dem Quad. Dafür sind die Leute hier super. Man wird mit
einem Lächeln empfangen und in den Restaurants wird man mit Portionen gemästet, die wohl niemand essen kann. Aber man sollte es sich nicht mit den Leuten hier verderben. Sehr deutlich hat uns dies der Parkwächter gemacht, welcher jeden (wirklich jeden) der nach El Chaltén kommt einseift: "Nadie joda nuestro parque! Nadie nos joda, ni una mina, ni un turista, nadie nos joda!" Ich verzichte auf eine Übersetzung, kann aber nur sagen, es waren deutliche Worte.
El Calafate ist ähnlich wie ein Schweizer Skidorf, Puerto Natales hat etwas gemütliches ist aber auch eher nur durchgangspunkt, ebenso Punta Arenas. In Punta Arenas ist der Fluss ein paar Tage vor unserer Ankunft über die Ufer getreten, die ganze Stadt war also voller Matsch, was das Spazieren auch etwas erschwerte. Immerhin hatten wir ein fettes 4-Sterne-Hotel (wir waren zu spät mit buchen und in der Semana Santa ist das eine schlechte Idee).
Wir hatten noch drei Tage übrig und wollten eigenlich noch einige Ausflüge von Punta Arenas aus machen. Z.B. in den Parque Nacional Pali Aike und vor allem wollten wir die Pinguine sehen. Aber ja, Hochsaison für Touristen war vorbei und die Pinguinkücken bereits aufgezogen, die Pinguine verreist und sowieso keine Touren
mehr verfügbar (ausser man bucht einen privaten Fahrer und bezahlt eine Granate). Wir hatten dann von einer kleinen Königspinguinkolonie gehört, die man mit einem Tagesausflug hätte erreichen können. Aber... das Schiff konnte die folgenden Tage nich auslaufen wegen zuviel... (dreimal darfst Du raten) Wind...
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The Travel Camel
Shane Dallas
Sehr schön!