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Published: April 22nd 2010
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2 Uhr morgens in der Pampa, kein Geld, keine Kleider, kein Handy, eigentlich gar nichts.
Was nun? 4h warten bis das Büro aufmacht, neues Ticket erbetteln und dann nochmals gute 10h warten? Nö! Ich entschuldige mich bei Hichus und Heikulon und erbitte um eine neue Chance. Mit einem Kugi der alten Dame und einer Serviette aus dem Abfalleimer hinterlasse ich eine Botschaft bei der Carfirma, dass die herrenlosen Gepäckstücke in der letzten Sitzreihe und der blaue Rucksack im Gepäckraum im Bus 9206 nach Bariloche doch bitte dort deponiert werden sollen.
Ich suche die Hauptstrasse und stehe unter die einzige Strassenlampe. Auf Hichhike-Aerobic verzichtend halte ich zitternd alle 20min bei der Durchfahrt eines Autos den Daumen nach oben. Scheisse isch das chalt da une. OK, 3 Uhr morgens, ich relativiere. Wer nimmt um diese Zeit einen bärtigen trampenden Gringo in Sommerkleidung mit? Mhm, also ich würde mich nicht mitnehmen. Ich bin im Begriff aufzugeben, als ein Lastwagenfahrer mich sieht und auf die Bremse tritt. Ich renne. Er öffnet die Türe und ich relativiere erneut. Was ist nun gefährlicher? Mitten in der Pampa mir den Arsch weiter abfrieren oder mit einem angetrunkenen und übermüdeten Kolumbianer in einer überladenen Rostschüssel gen Süden
fahren? Mhm. Bauchgefühl? Hallo? Geklaut werden kann mir nichts, und schneller rennen als er kann ich auch. OK, Truck ride it is!
Juan der Camionero spricht etwa so spanisch wie ein Oberwalliser hochdeutsch spricht. Entsprechend sind meine einsilbigen Antworten auf seine nicht enden wollenden Fragen. Wenn Juan 14h durchfährt, verdient er acht Franken am Tag trotzdem, lädt er mich bei Sonnenaufgang zum Frühstück ein. Fragen? 400km vor Bariloche verlasse ich Juan und seinen 40 Jahre alten Lastwagen namens Emma, nachdem er mir mittels seines CB Funkgeräts am nächsten Truckstopp einen weiteren Ride organisiert hat. Was für ein guter Mensch.
Ernesto aus Peru nimmt mich mit bis nach Bariloche. Erschöpft komme ich nach fast 30h am Busbahnhof an und bete und hoffe dass mein Gepäck da ist. Mein Herz schlägt wie verrückt, es steht so viel auf dem Spiel… Ich erkundige mich bei dem Schaltertyp ob er vielleicht 2 Rucksäcke eines dummen Gringos hier habe? Gelächter. Einmal mehr erbiete ich meinen Spitznamen „Lucky Bastard“ alle Ehre, alles da! Inkl. Bargeld, Netbook, Kamera, Handy, einfach alles! Die Kaffekasse gut gefüllt verlasse ich mit einem Lachen von Ohr zu Ohr den Busbahnhof und entdecke die wunderschöne Stadt Bariloche…
Das Freedom
Hostel nenne ich mein neustes Zuhause, dort lerne ich eine Heerschar von Israelis, Dänen und Ben von Manchester kennen. Unkompliziert wie Traveller sind entscheiden wir uns sponti die nächsten 4 Tage campierend im Parque National Nahuel Huapi zu verbringen bevor wir überhaupt unsere Namen kennen. So läuft das.
Im Morgengrauen nehmen Ben und ich den Bus und fahren an Rande des Nationalparks. Bewaffnet mit zwei Rucksäcken, Zelt, Schlafsack und Food für 4 Tage laufen wir los. Genau was ich brauchte folgt: Unberührte Natur, klare Bergbäche, schneebedeckte Gipfel, keine Leute. Zum Glück ist keine Saison, sonst wären die Pfade voller argentinischer Hobby-hikern, dafür fällt das Quecksilber zu Nacht in die Nähe der Null. Egal. Wir geniessen. Campieren die erste Nacht wild in der Nähe einer Berghütte, direkt an einem kleinen See essen Reis und trinken Mate. Unser Friede wird kurz vor Sonnenuntergang gestört als etwa 30 bis an die Zähne bewaffnete Argentinische Soldaten den Berg hochgerannt kommen. Oups, haben wir was falsch gemacht? Nee. Es stellt sich heraus, dass sie sich auf einem Manöver befinden und sich den gleichen Platz zum übernachten ausgesucht haben wie wir. Gelächter am Lagerfeuer garantiert. Ich bekomme ein Sturmgewehr mit Munition angeboten im Tausch gegen
mein neues Armeemesser, mhm? Sobald sich dann die Offiziere schlafen gelegt haben, tauchen aus den versteckten Soldatentaschen die Flachmänner und die lustig riechenden Kräuterzigaretten auf. Erstaunliche Parallelen zu unserer grünen Spasstruppe zuhause.
Als Ben und ich ausgeschlafen aufwachen, sind die Soldaten bereits über alle Berge und wir machen uns auf, das Selbe zu tun. Die nächsten 3 Tage sind wundervoll. Wir besteigen Gipfel nach Gipfel, baden in arschkalten Bergseen, kochen am offenen Feuer und schlafen draussen irgendwo im Niemandsland, bevor wir wieder zurück nach Bariloche laufen. Dort angekommen belohne ich uns mit einem Asado der Spitzenklasse (selbstbepinselung) und, nach vier tägiger Trockenperiode, einer Wagenladung Quilmes, mhmmm. Bens „Ring of Fire“ gibt uns und unseren dänischen Mitspielerinnen dann den Rest.
Den letzten Abend verfluchend stehen Ben und ich auf, nehmen Kathy aus München mit ins Handgepäck und springen sponti in den Lokalbus weiter Südlich ins Hippy-Dörfchen El Bolsón. Wir nisten uns in einer kleinen Holzhütte in Claudios Garten ein, welchen wir in El Bolsón kennenlernen. Er, seine Frau, die zwei Kinder und drei Hunde tragen uns auf Händen und machen ihr Zuhause zu unserem. Als Gegenleistung heizen wir die Parilla ein und hauen ein Asado dem nächsten folgend drauf
- 5 Tage lang. Cholesterinspiegel ahoi.
Uns zieht es wieder in die Berge, und so entdecken wir erneut Gipfel um Gipfel mit der fantastischsten Aussicht die Patagonien zu bieten hat. Ben und ich fahren mit Claudios Fahrräder an einen netten nahegelegenen Bergsee, unterschätzen aber die patagonischen Schotterstrassen und schlagen auch Claudios Warnung (van a rompar su culos chicos…) in den Wind, die Quittung kommt dann von unserem Arsch nach 60 km holperholper. Auf einer unserer Wanderungen sehen wir, wie einen Andenkondor nur wenige Meter von uns in die Lüfte gleitet, gigantisch ist er und wunderschön.
Die Anzahl Aussteiger aus der ganzen Welt übersteigt die Anzahl der nativen Argentinier hier. Hier sind sie friedlich geniessende, einfache Aussteiger. Die Ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von allerlei Handgefertigten verdienen. Zuhause würde man ihnen Penner sagen. So gerne würde ich noch weiter südlich ziehen, Patagonien hat’s mir echt angetan. Aber in zwei Tagen kommt ein Meilenstein geflogen nach BA. Busticket? Sicher nicht! Rucksack auf und Daumen hoch! And Hitch, and Hike, and Hich, and Hike, …
BA - Cordóba - IrgendwoIDePampas - San Carlos de Bariloche - El Bolsón - wider Bariloche - Mar del Plata - BA: 3900km
Total:
46’850km
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nosers
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hey martin
herzlichen dank für die karte von patagonien und die wundervollen fotos in der dokumentation. du bist ia wiedermal ein glückspilz von wegen und so¨¨.super wie sich dein bauchgefühl weiterentwickelt ganz tolles feeling.wir wünschen dir noch ganz viele besondere und spannende erlebnisse.in love gotti ,aldo und grosi