Part V: Otautahi!


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March 17th 2014
Published: March 17th 2014
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Als ich auf halber Strecke zwischen Picton und Christchurch Hunger auf Frühstück bekomme, halte ich in einem kleinen Ort names Kaikoura an und setze mich an den Strand, genieße sowohl die Aussicht, als auch mein labriges Toast mit Marmite. Manch einer wird jetzt sagen: Buäääh, Marmite! Ich finde es ehrlich gesagt okay, jetzt nicht jeden Tag, aber man kann es durchaus essen. Für diejenigen, die nicht wissen, was Marmite ist: Stellt euch vor, ihr macht Gemüsebrühe cremig und schmiert sie aufs Brot. Das hört sich zugegebenermaßen nicht ganz so appetitlich an und ich vermute auch, dass ich mit einem Sprcuh wie diesem nicht für Marmite werbe, aber im Grunde genommen beschreibt das den Geschmack sehr ausführlich.
Kaikoura ist herrlich, der Ozean zerschellt am felsigen Strand und im Hintergrund erheben sich die Gipfel der Kaikoura Seaward Mountain Range. An diesem Ort würde ich sehr gerne mehr Zeit verbringen, aber ich bin komplett pleite und muss meines Gehirns nach schnell nach Christchurch, weil es dort viel Arbeite geben soll. Ich denke dabei an Gastronomie und so weiter. Kaikoura gefällt mir wohl so gut, weil es mich so sehr an Borkum erinnert - abgesehen von den Bergen jetzt. Ich nähere mich Christchurch und das

erste was ich tue, ist, ein Autoauktionshaus anzusteuern. Vielleicht kann ich ja einen guten Preis im Direktverkauf
einholen. Mir wird Turners Auctions empfohlen, doch als ich dort ankomme und mein Auto von einem Mitarbeiter unter die Lupe genommen wird, wird mir schockierenderweise das Höchstgebot von 250 Dollarn gemacht. Ähm, ne. Also geht es weiter und ich habe auch bei ein paar weiteren Auktionen kein Glück. Dann entscheide ich mich, erstmal zu Steph zu fahren und am nächsten Tag nach Arbeit zu suchen. Einfach aus Neugierde stelle ich mein Auto zum Verkauf auf Facebook in eine dieser Backpackergruppen für Neuseeland. Bei dem Namen des Blocks handelt es sich übrigens um den Maori-Namen Christchurchs, nur um die Verwirrungen zu entflechten. Bei Damms, Stephs Familie werde ich sehr herzlich empfangen und die ganze Familie setzt sich mit mir an einen Tisch und ich beginne von meinen Reisen zu erzählen.
Okay, Steph selbst ist nicht dabei, denn sie ist mal wieder voll beschäftigt mit irgendwas. Steph halt 😊 An dieser Stelle auch einen ganz, ganz fetten Knuddler von allen an Lisa!
Gegen Abend nehmen mich Nikki und Dani mit zu einem Eishockeyspiel von Alex, Stephs Bruder. In der Arena schallt es aus allen Ecken: Canterbury! Canterbury! (Aussprache: Kändebräi!) Eishockey ist ziemlich cool und ein extrem brutaler Sport! Ab und zu bekommt man dann schon mal den Schläger ins Gesicht. Ungebremst. Aber mit Gitter davor. Gegen Ende des Spiels kommt dann Steph in die Eishalle gedackelt und zwar in T-Shirt. Es ist eiskalt hier drin! Deswegen will sie auch schnell wieder weg und nimmt mich mit, denn heute Abend geht es auf eine Party. Ich denke mir schon, och ne, ich glaub ich weiß um welche Art von Party es sich handelt. Aber ich bin überrascht, als ich herausfinde, dass es eine Kostümparty ist und ich mir eine Toga basteln muss. Okay das ist cool! Also sehe ich eine Stunde später aus wie Cäsar und wir machen uns auf den Weg in die Stadt, ganz nah zu der Filmschule, an der Steph studiert und begeben uns in die Studentenwohnheime, wo die Party schon in vollem Gange ist. Alle laufen in Toga herum. Witzig. Einige beleidigen mit ihrer Verkleidung zwar sträflich das Römische Reich, aber da können die ja heute auch nichts mehr dran ändern. Einer zum Beispiel: silberne Toga und dann Lippenstift, Wimperntusche und so - Pilatus, ich hätte es witzig gefunden, wenn er sich die ganze Zeit die Hände gewasche hätte. Das erinnert mich sehr an Leben des Brian, denke ich immer wieder. Dann ist es eine normale Party, einige tanzen, einige trinken und einige stehen zum Ausnüchtern auf den Balkonen. Als Steph mich auf die Tanzfläche schleift und ich bekanntlich nicht viel damit anfangen kann, auf Bruno Mars und Lady Gaga und wie sie alle heißen abspacken zu können, erklärt mir Isla, eine Freundin von Steph aus Auckland, dass ich meinen linken oder rechten Arm immer im Rhythmus der Musik in die Luft strecken muss. Danke! Dieser Tipp ist wahrlich Gold wert. Ich glaube, sie denkt sehr schnell, dass ich eine komplette Lusche bin, weil ich nicht tanze, nicht trinke und lieber auf dem Balkon stehe. Jedem das seine, nicht? Naja, ein andere Musikstil hätte mich ganz sicher wieder reingetrieben. So Indie oder Alternativ oder Oldies, Lieder in denen es nicht darum geht, sich selbst durch Alkohol und Drogen abzubauen und so stolz darauf zu sein, dass man in Liedern davon singen muss. Versteht mich nicht falsch, ich möchte hier niemanden verletzen, wenn ihr die Musik mögt, ist das voll okay. Mir gefällts persönlich nur nicht und die Art von Party ist auch nicht meins. Wir können trotzdem Freunde sein 😊 An dem gleichen Abend habe ich dann auch zum ersten Mal formuliert, was ich die ganze Zeit über solche Situationen denke. "I prefer being classy, like cafes, to wild parties." Naja, diese Debatte habe ich schon öfter geführt, genug davon.

Das ganze ist an einem Samstag gewesen, am Sonntag ist Steph dann mit James, Ellie, Emilie (ihr Freund und zwei dessen WG-Kolleginnen) und mir zur Ashley Gorge gefahren. Das Wasser ist eiskalt und selbst wenn man nur mit den Füßen reintritt, beginnt es im Kopf schon zu kribbeln. Dann kommen wir auf die wunderbar schlaue Idee, uns alle gleichzeitig ins Wasser fallen zu lassen. Das passier auch, also keiner verarscht den anderen um zu sehen, dass er ins Wasser fällt aber man selbst nicht (normalerweise werde ich bei solchen Gelegenheiten immer verarscht). Gehirnfrost! .. !! ... !!! Und ich Idiot habe vergessen meine Brille abzusetzen und verliere sie im Wasser, finde sie aber glücklicherweise (!) wieder. Eine verlorene Brille hätte mir mit null Geld gerade noch gefehlt.

Am Montag fange ich mit der Jobsuche an. Meine Füße tragen mich durch alle Straßen des CBD (Central Business District) und ich schaue

in einige Restaurants und Cafés hinein um meinen Lebenslauf abzugeben. Auf der St Asaph Street komme ich an dem Gebäude von "Tradestaff - Industrial Employments since 1996 (Proudly NZ owned and operated)" vorbei. Zwar bin ich gar nicht scharf auf Arbeit auf dem Bau, aber in einer Situation wie meiner muss man wohl nehmen, was man kriegen kann. Also zack, zack eingeschrieben und weiter, das Gespräch zur Joborientierung findet um 10 Uhr statt. Schnell muss ich noch den Bus zurück zu Steph nehmen um meine Dokumente zu holen. Als bei Tradestaff alles vorbei ist und ich in der Liste der arbeitswilligen Menschen stehe, bekomme ich einen Anruf von der St Asaph Kitchen, dass ich vorbei kommen soll und mich vorstellen soll. Privat, also bin ich zu seinem Haus hin um herauszufinden, dass er nur jemanden sucht, der in seinem B&B aushilft. Alles klar, das ist doch was, denke ich mir, doch die Voraussetzungen werden immer strikter und irgendwann ist es unmöglich zu erfüllen, was er will, bis er mir sagt, dass er mich nur testen will, wie weit ich für einen Job gehe. Sehr hilfreich... Für Tradestaff arbeite ich dann tatsächlich einige Tage (Insulierungen im Christ College - einzigartig, weil
man in zivil nicht auf die Baustelle kommt - und Abriss eines Hauses in Bromley) um mich über Wasser zu halten, suche aber trotzdem nach einer besseren Möglichkeit und suche inzwischen auf der ganzen Südinsel. Nach einigen tagen ziehe ich in ein Hostel in Christchurch um, in dem ich putze um mir ein Bett zu erarbeiten, aber die deutsche Besitzerin hat Tourette-Syndrom und ich werde oft zum Opfer dieser Attacken. Ja, es ist echt eine harte Zeit, doch irgendwie schafft man es auch da durch. Geld von zu Hause lehne ich ab, denn ich will das alleine schaffen! Anfang November rufe ich dann im Duncannon in Blenheim im Norden der Südinsel an und ja, es gibt Arbeit. Am nächsten Morgen werde ich von Nikki zum Bus gebracht und los geht es. Das Duncannon ist ein sogenanntes Arbeitshostel von denen es einige in Neuseeland gibt - wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen? Man bezahlt für eine Woche und im Gegenzug vermittelt die Leitung dir Arbeit.
Glücklicherweise hat gerade die Weinsaison begonnen. Also finde ich schnell Arbeit und zack, zack, die nächsten zwei Monate verbringe ich in Blenheim. Auch wenn ich mir nicht zugetraut hätte, es so lang durchzuhalten. Denn
jeder - eingeschlossen mir - regt sich pausenlos über die Arbeit auf, alle beschweren sich, wie Sklaven behandelt zu werden, aber nach einiger Zeit, wenn man mit seinen Supervisern warm geworden ist, ist es eigentlich super! Direkt am ersten Arbeitstag ist die Situation schon voll eskaliert und ein Engländer ist gefeuert worden, weil er seinen Boss (Inder) angemeckert hat, er solle Englisch sprechen wenn er mit ihm redet.
Der Superviser heißt Smiley (Spitzname) und hat tatsächlich einen Master in Rechnungswesen, ist also undercover der Chef von dem ganzen Laden (ACE Viticulture Ltd).
Mir ist auch die Kinnlade runtergefallen, als ich das zum ersten Mal gehört habe.
Im Hostel lerne ich viele nette Menschen kennen: Giacomo aus Mailand, der nach einer Woche meint, er bleibe bis Weihnachten, zwei Tage später dann behauptet, noch eine Woche länger zu bleiben, und dann nach weiteren zwei Tagen sagt, morgen reise er ab.
Er ist mein erster Zimmerkollege, denn es gibt nur Zweierzimmer. Unseres ist im gelben Block der insgesamt sieben Wohneinheiten und hat sogar einen Fernseher, während andere Leute aus anderen Zimmern auf die Frage, ob sie auch einen Fernseher haben, Dinge antworten wie: "Was ist ein Fernseher?" mit diesem leichten Zwicken in der Augenbraue.
Dann sind da noch Leo, Quirin und Hendrik aus München, James aus Reading, Lucy aus Hastings in England, Jenny aus Stadtlohn (!), Sophie aus Magdeburg (herrliche Vorlage um Witze über Ostdeutschland zu machen), Bennie aus Dresden und Michi aus Hamburg.
Nette Menschen, mit denen ich die kommenden Woche verbringe. Das soziale Leben spielt sich in der Küche ab, die riesig ist und wo sich alle versammeln.

Nach ein paar Wochen spiele ich dann mit dem Gedanken, mir ein Fahrrad zu kaufen und die Südinsel so zu bereisen, aber ich habe Bedenken, dass ich wieder verarscht werde nd dann ein Schrottrad habe, was man deutlich schlechter los wird. Außerdem werde ich von der Verkäuferin per SMS heftigst beleidigt, als ich ablehne, was den Verdacht verstärkt, dass sie verzweifelt versuchte, das Rad loszuwerden. Durch mehrer Zufälle entdecke ich dann das Trampen für mich. Ich erinnere mich an die Warnung meines guten Freundes Jan, der vor meiner Abreise sagte: "Das sind alles Vergewaltiger." Nun, um dich und euch zu beruhigen: Bisher bis ich noch wohlauf und noch nicht gefragt worden, ob ich mir nicht die herausragende Kaninchenzucht des Fahrers ansehen wolle. Ehrlich gesagt gefällt mir Trampen super, weil man viele Menschen kennenlernt, die größtenteils aus Neuseeland kommen und echt nett und hilfreich sind.
Ich komme sogar in den Genuss, den Supermarktshuttle des Hostels zu fahren und muss dafür weniger bezahlen. Juhu 😊
Dann muss ich nach Christchurch zurück, denn ich habe einen Interessenten für das Auto, welches ich bei Steph in der Einfahrt lassen konnte. Die beiden Jungs kommen extra für das Auto aus Auckland auf die Südinsel und scheinen echt begeistert zu sein. Also hole ich sie vom Flughafen ab und fahre sie durch Christchurch zu einer Poststelle, die immer den Besitzerwechsel bearbeiten.
Als ich die Schrottkiste los bin, habe ich ein dickes Lächeln auf dem Gesicht. Also nehme ich den Bus zurück nach Blenheim und arbeite weiter. Vorher sagt Stephs Vater Matt noch zu mir, dass, wenn ich erfolgreich bin, er lange, lange nicht mehr mit mir reden würde, denn das Auto ist so schrott, dass es enormes Glück sei, es zu verkaufen. Gut, dass die beiden Jungs genau wie ich nichts von Autos wissen und so kaufen sie es sogar für mehr, als ich. Hehe. Okay, ich hab sie abgezogen, aber es tut mir nur ein bisschen leid, aber nicht so viel, dass ich schlecht schlafen würde. Yes!


Nach den zwei Monaten in Blenheim kommen Pläne auf, die Westküste der Südinsel zu bereisen, aber davon mehr in der nächsten Geschichte. 😊

Euer Jan


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Jeder hat etwas aus seinem Heimatland gemacht :)
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Die zwei Westfalen.
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