The Valley


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Published: June 8th 2013
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Nach mehr as drei Wochen im Yosemite Valley gibt es so viel zu erzählen, dass es vermutlich alle außer mir selbst langweilt 😊. Deswegen gibts jetzt mal Kategorien: Schlafen, orientieren, essen, waschen, bewegen.

Schlafen



Das Camp 4 ist die Adresse um hier im Yosemite Valley billig zu übernachten. Pro Person und Nacht kann man sein ganzes Campingzeug in den Zeltplatz tragen, denn hier parken die Autos außerhalb. 2003 wurde Camp 4 in das National Register of Historic Places aufgenommen, Begründung:


Its significant association with the growth and development of rock climbing in the Yosemite Valley during the 'golden years' of pioneer mountaineering


Da das Camp 4 der billigste Campingplatz und eben sehr beliebt ist, darf man sich morgens sehr früh anstellen und maximal pro Person eine Woche bleiben. Taucht man in der Schlange um sechs Uhr morgens auf, dann ist man zehnter. Mit entsprechenden Tricksereien schafft man das Sieben-Tage-Limit etwas zu lockern. Beispielsweise auf vier Wochen. Ansonsten war aufstehen eher so zwischen sieben und acht Uhr angesagt.

In der Mitte steht ein Toilettenhaus, mit dem einzigen Wasseranschluss auf dem Camp. Ansonsten gibt es an jedem Zeltplatz, den man sich immer mit anderen teilt eine Bank und eine Feuerstelle. Man kommt also schnell in Kontakt. Inmitten von kleinen Verwandten der Redwood Trees und zwischen Felsen liegen die einzelnen Campsites dicht gedrängt. Und direkt neben dem Toilettenhaus steht der Columbia Boulder, mit dem wohl bekanntesten Boulderproblem der Welt: Midnight Lightning. 10m vom nächsten Zeltplatz weg.

Das Wetter war uns zwar meist sehr wohlgesonnen und zwischen 15 und 25 Grad, doch einige Male konnten die Naturgewalten nicht an sich halten. Im speziellen bleibt mir ein Gewitter in Erinnerung, dass uns eine halbe Stunde Hagel (!) und dem Camp 4 knöcheltiefe Wasserströme durch Zelte hindurch beschert hat. Wir waren bis auf die Haut nass und haben zwei Tage unsere Sachen getrocknet.

Die sonstigen Verhaltensregeln auf dem Camp werden von zwei Ranger-Frauen recht strikt durchgesetzt. Es empfiehlt sich, nicht besonders aufzufallen, hat man vor länger zu bleiben.

Orientieren



Das Yosemite Valley hat nur auf der einen Seite eine Einfahrt und dort erhebt sich auf der linken Seite zuerst majestätisch der El Capitan, die größte und bekannteste Granitwand der Welt, mit dem Klassiker "The Nose". Nach dem Bridalveil Wasserfall und dem gigantischen Cathedral Rock auf der rechten Seite fährt man längs des Merced Rivers Richtung Yosemite Falls, dem höchsten Wasserfall der Vereinigten Staaten (Festland) unterhalb dessen Camp 4 liegt. Gegenüber wacht der Sentinel Rock, wieder eine senkrechte Wand. Etwas weiter gelangt man ins Yosemite Village, mit Einkaufsmöglichkeiten und dem Visitor Center, und etwas weiter zu weiteren Campingplätzen und dem Curry Village, mit Essmöglichkeiten und dem Kletterladen. Ganz hinten im Tal erhebt sich dann der Half Dome, dem Wahrzeichen des Yosemite NPs. Die Landschaft wird von den leicht liegenden, senkrechten und überhängenden Felswänden dominiert. Diverse Wasserfälle schießen über Abbrüche hunderte Meter über einem ins von einem Gletscher geformte Yosemite Valley. Vorherrschender Gesteinstyp ist Granit. Die Tierwelt hält mit immerhungrigen Schwarzbären etwas Spannung bereit. Essen will gut verpackt und bewacht werden. Bären werden durch lautes Schreien, sich groß machen und mit Steinen werfen verscheucht. Alles davon musste ich schon anwenden. Während Piet in der ersten Seillänge der Salathe Wall war habe ich den gleichen Bären aus einigen Metern Entfernung mehrfach verscheucht! Etwas putziger aber genauso hungrig sind die Eichhörnchen hier, oder von allen Mini Bears genannt. Alle Orte werden durch den kostenlosen Yosemite Valley Shuttle verbunden, der eine Schleife mit 21 Stops durchfährt.

Essen



Da Essen kaufen hier im Yosemite Valley recht teuer ist, haben wir uns schon im Voraus mit haltbaren Lebensmitteln eingedeckt. Hier kaufen wir vor allem Brot, Milch, Gemüse und alles was man halt so frisch braucht. Daraus zaubern wir dann abends immer was leckeres, vor allem Frieder und Peter laufen hier zu Höchstform auf. Einige Highlights: Burritos mit Chili-Reis-Füllung, Pfannkuchen nach Omas Art mit Spargelfüllung, und die klassischen Fürsattelschen Veggie-Burger.

Alle Lebensmittel, alles Kochzeug und jegliche andere parfümierte Dinge (Sonnencreme, Klopapier, Zahnpasta) muss alles in Bear Boxes gesperrt werden. Das sind solide Metallboxen, in die der Mensch (teils mit etwas Mühe) kommt, Bären aber nicht. Auch Abfall muss entweder in die Bärenbox oder in die extra gesicherten Müllcontainer.

Inzwischen haben wir unsere Kochausrüstung durch eine große Gasflasche einem Upgrade unterzogen. Die hält viel länger als die kleinen grünen/blauen Propangasflaschen und macht weniger Müll. Ansonsten hat jeder eine Schüssel und einen Becher, es gibt einen Topf, eine Pfanne, Kochlöffel, einen Schöpfer (!), eine Tupperbox, scharfe Messer (!!), eine Salatschüssel in der wir noch nie Salat gemacht haben, Besteck und Spülzeug. Perfekt ausgerüstet.

Waschen



Da das Camp 4 keine Duschen bietet schleicht man sich entweder in Duschen im Yosemite oder Curry Village. Alternativ lädt der eisige Merced River an warmen Tagen zum Plantschen ein. Wäsche wird im Housekeeping Camp für nen Euro pro Maschine gewaschen. Hier könnte man sich ein feststehendes Zelt mieten, was aber super teuer ist und außerdem seit letztem Jahr die Hantaviren beherbergt.

Bewegen



Mein erster Eindruck vom Valley, und der sollte sich bewahrheiten, war der des größten Spielplatzes der Welt. Ist man irgendwie Outdoor-affin so kann man hier leicht viel Zeit verbringen. Mit gemieteten Schlauchbooten/Rafts bricht man entweder zum Beer Rafting oder Real Rafting auf. Wandertouren kann man sich von 30 Minuten und behindertengerecht über den 12h Hike auf den Half Dome bis mehrere Tage im wilden Hinterland ausdenken. Auch startet der mehr als 300km lange John Muir Trail hier.

Für uns ist es eher das Klettern was im Vordergrund stand. Doch auch hier gibt es die ganze Bandbreite: Boulder in allen Graden, über Topropes in denen man Rissklettern lernen kann, Mehrseillängen-Touren bis hin zu den großen Wänden von Leaning Tower, Washington Column, Cathedral Rock und natürlich dem großen El Capitan. Im Gegensatz zum Sportklettern findet man hier jedoch meist (bis auf einige Sportklettergebiete ein wenig außerhalb) keine Haken im Fels vor, bis auf eventuell gebohrte Anker oben in der Tour. Man ist darauf angewiesen, sich die Zwischensicherungen selber zu "legen", in dem man entweder Klemmkeile oder Camalots (mit Federn ausgestatte Klemmgeräten, auch "Friends" genannt) in Rissen oder anderen passenden Felsstrukturen verkeilt. Das nennt sich dann Trad-Klettern , für "Traditional". Bis man Vertrauen in die selbst gelegten Sicherungen gewinnt ist aber etwas Zeit vergangen und das ganze ist immer noch eine sehr spannende Angelegenheit.

Besonders interessante wird es dann in Routen mit mehreren Seillängen, wo man sich meist auch die Anker oben in der Seillänge selbst bauen muss. Mit Glück steht dort ein Baum, ansonsten legt man drei Friends/Keile und verbindet diese dann geschickt.

Der nächste Absatz wird jetzt für die Interessierten. Ein ganz anderer Typus Klettern ist das technische oder Aid-Klettern. Hier bewegt man sich nicht an Griffen und Tritten am Fels aufwärts sonder benutzt aktiv Kletterausrüstung zur Fortbewegung. Das ziehen an Haken, Expresschlingen ist gang und gäbe, außerdem gibt es Trittleitern ("Aider"), verstellbare Schlingen ("Daisy Chains"), und Geräte um an einem frei hängenden Seil hochzusteigen ("Ascenders" / "Jumars"). Das ist der Stil, in dem normalerweise große Wände begangen werden, weil halt die meisten Kletterer nicht so schwer am Fels klettern können, wie das beispielsweise für die Nose notwendig wäre. Die Standart-Route am El Capitan, "The Nose" wurde überhaupt nur von vier Menschen auf der Welt frei geklettert. Die ganze restliche Masse, ob Speed-Rekord in 2,5h über die normalen drei Tage bis hin zu misslungenen fünftägigen Belagerungen sind alle im Aid-Stil. Umso mehr man aber frei Klettern kann, umso schneller geht alles. Beim "Aiden" legt man einen Friend, hängt seine Trittleiter ein, steigt in dieser hoch, nimmt den unteren Aider raus, hängt das Seil in den Friend in dem gerade noch der Aider hing und geht weiter. Der Nachsteiger "jugged" am Seil hinterher. Peter demonstriert hier mal, wie es nicht funktioniert:
Das ganze dauert viel länger.

Was haben wir also hier gemacht? Gestartet haben wir mit unserer noch recht spärlichen Aid-Ausrüstung, die nach und nach aufgestockt wurde und haben stundenlang geübt, uns in den Aidern zu bewegen und am Seil hoch zu "jumaren". Wir haben erste, einfache Einseillängenrouten im Trad-Stil geklettert, bis hin zu einer 5.10a. An Topropes und in der Fünf-Seillängen-Tour "Central Pillar of Frenzy" haben wir das Rissklettern geübt, wo man Hände und Füße in Risse quetscht. Schmerztoleranz ist hier wichtiger als Bizepsumfang. Das mit den Rissen fällt mir immer noch schwer. Lange, einfachere Routen (5.6 - 5.8) haben wir an der Five Open Books Wall und am Manure Pile Buttress begangen, darunter "After Six", "After Seven", und die beste von allen, "Nutcracker". Mit Royal Arches haben wir sieben Stunden mit 15 Seillängen und Abseilen in der Wand verbracht. Am El Capitan sind wir 200m hoch auf die Siccle Ledge, den Ausgangspunkt von der Nose gejumart. Mehrere Einseillängen und zwei Dreiseillängen-Touren haben wir am Swan Slab geklettert, der 5 Minuten vom Camp 4 weg ist. Frieder war in der Zeit immer Bouldern, hat unter anderem Midnight Lightning am zweiten Tag geschafft. Ich tropfe immer noch vor dem eigentlichen schweren Mantle-Zug ab. Dumm. Dafuer gabs viele andere Boulder die gut liefen. Darüber hinaus war ich noch einen langen Tag auf den Glacier Point und dem Panorama Trail wandern. Am vorletzten Tag im Yosemite haben wir alle Unternehmungen noch mit "Snake Dike" gekroent. Dies ist die einfachste Freiketterroute auf den Half Dome. Mit drei Stunden Zustieg, drei Stunden Kletterei mit kontinuierlichen Runouts (10m und mehr keine Zwischensicherung, aber einfach genug) und drei Stunden Abstieg war das auf jeden Fall eine sehr kraft- und zeitraubende Expedition, aber damit steht man auf dem Half Dome. Runter gehts auf der Rueckseite an den Kabeln.

Menschen



Inzwischen sind Peter, Frieder und ich perfekt aufeinander eingespielt und wir kennen uns gegenseitig gut. Jedem seine Marotten. Wir ergänzen uns sehr gut und finden für praktisch alles einen guten Kompromiss. Das war vor allem hier im Yosemite Valley ein wenig schwieriger, weil unsere Interessen (Bouldern vs. Seilklettern) auseinander gingen. Frieder hat sich deswegen bald einen Bekannten hier angeschafft. Michael, halb Apache, halb Mexikaner und Hobby-Buddhist zieht mit Frieder durch die Boulder.

Peter hatte sich als sein großes Ziel hier vorgenommen, die Nose zu klettern. War ich noch lange am überlegen, ob ich diese Unternehmung mitmachen soll, so habe ich mich letztendlich dagegen entschieden. Meine Aid-Kletter-Kenntnisse sind einfach noch nicht gut genug, als dass ich mir die drei Tage in der Wand als Spaß vorstellen kann. So habe ich also Peter zusammen mit Colin, seinem Kumpel aus Boulder alleine losziehen lassen. Sie haben am ersten Tag Fixseile bis zur Siccle Ledge installiert, an denen sie am nächsten Tag dann schnell hochsteigen wollten um die eigentliche Tour The Nose zu beginnen. Dummerweise war ein Wetterumschwung angekündigt und wir haben zusammen die Fixseile wieder abgebaut, dabei aber in 200m Höhe noch eine Brotzeit verputzt bevor wir uns wieder abgeseilt haben. Die Nose muss also noch warten, bis vielleicht im Herbst?

Ansonsten treibt sich hier eine bunte Mischung aus Tagestouristen und Ausflügler, länger bleibenden Kletterern und hier Wohnhaften rum. Letztere arbeiten meist irgendwo in einer Frittenbude, oder einem Laden und hängen die restliche Zeit an Felsen oder sonstwo rum. Wir haben mit einigen davon Bekanntschaft geschlossen und sind ein wenig neidisch, dass diese Leute hier so lange sein können.

Dann gibt es noch die Kletterpromis. Andy Lewis ("Skandy") rennt hier rum, springt von Felsen und baut 100m-Highlines. Dean Potter hat uns in einer Mehrseillaengen-Route ueberholt, Frieder zum Bouldern Tipps gegeben und entpuppte sich als super-netter und ruhiger Mensch. Iker Pou und sein Bruder war unterwegs und dann halt viele von denen man vielleicht noch nicht so viel gehoert hat.

Mit Quentin aus Kanada haben wir mehr unternommen, Michael ist Frieders Boulderkumpel, und dann sind da noch Jason und Steve, das wilde Duo, Kat und Eric aus Reno, mit denen wir einige nette Abende hatten.

Demnächst neigt sich die Zeit im Yosemite Valley dem Ende entgegen und es zieht uns weiter. Richtung Tuolomne Meadows und in den Norden.


Additional photos below
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auf der Siccle Ledgeauf der Siccle Ledge
auf der Siccle Ledge

Nach der vierten Seillänge von The Nose
und wieder abwärtsund wieder abwärts
und wieder abwärts

mit wehenden Aidern
Chillen am Merced RiverChillen am Merced River
Chillen am Merced River

The Sentinel im Hintergrund


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