Aufwärmen in den Badlands - und dann nochmal zurück in die Eiszeit


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September 24th 2018
Published: September 24th 2018
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Auf Grund des anhaltend schlechten Wetters und unserer sinkenden Begeisterung über unser Dasein als Wintercamper zieht es uns schon nach einem Tag in Banff in Richtung Calgary, wo wir einen nebligen Wintertag in der gigantischen, warmen und trockenen Crossironmills Mall verbringen. Neben den üblichen Shops gibt es hier auch einen kleinen Indoor-Spielplatz, auf dem Marlene gerne den ganzen Tag geblieben wäre. Ich finde ihn eigentlich eher dämlich, es gibt nämlich eine strenge Spielplatzordnung und man muss seine Kinder namentlich „einchecken“ und auschecken“. Aber was so ein paar Plastikdinosaurier und Rutschen und natürlich etliche andere Kinder in unserer Tochter auslösen macht mich dann doch glücklich genug um eine Stunde mit ihr dort auf Strümpfen (Regel Nummer eins: keine Schuhe) herum zu klettern, während Dennis erfolglos nach neuen Sportschuhen sucht. Auch ich werde in der Mall nicht wirklich fündig aber so ein paar Kindersachen finden dann doch den Weg in unsere Tüten und nach mehreren Stunden sind wir aufgewärmt und relativ befriedigt von unserem Tagesprogramm auf dem Weg durch das neblige Novemberwetter in Richtung Osten. Außer der Mall machen wir einen großen Bogen um Calgary, das als Industriestadt wenig Reiz auf uns als Touristen ausübt. Uns zieht es in die Badlands, eine karge, durch Erosion entstandene, zerklüftete Mondlandschaft, etwa 200 km östlich von Calgary, in die die, bis dahin endlose, Prärielandschaft Albertas plötzlich abfällt. Aber zunächst müssen wir einen Schlafplatz für die Nacht finden, der sich im Nachhinein als der schlechteste der bisherigen Reise herausstellen wird. Wir fahren durch endloses Ackerland, kilometerweit sieht man nur den schnurgeraden Highway und links und rechts Kornfelder so weit das Auge reicht. Diese Gegend Albertas ist der Kornspeicher Kanadas. Und Öl haben sie hier. Auf jedem zweiten Feld steht eine kleine Ölpumpe und alle paar Kilometer sieht man eine größere Raffinerie. Auf Grund dessen ist Alberta so reich, dass sie die Umsatzsteuer abgeschafft haben, was natürlich für unseren heutigen Shoppingtrip ganz nett war. Am nächsten Morgen sieht das Wetter leider immer noch nicht besser aus. Novembertrüb, neblig, kalt und nass aber immerhin kein Schnee mehr. Wir sind in unseren Ansprüchen ja bescheiden geworden. Wir quälen Donald also nochmal zwei Stündchen weiter bis in die Nähe der Provinzmetropole Brooks (13.700 Einwohner), wo sich unser Tagesziel, der Dinosaur Provincial Park befindet. Die von Ackerland geprägte Landschaft fällt hier urplötzlich ab und eine trockene, vegetationsarme Hügellandschaft liegt in einem tiefen Tal vor uns. Von einem Aussichtspunkt am Eingang des Parks aus, hat man wirklich das Gefühl, auf den Mond zu schauen: die Badlands. Der Dinosaur Provincial Park mag längst nicht so bekannt sein wie seine großen Brüder, die Nationalparks in den Rocky Mountains, aber er ist Unesco Weltkulturerbe, wurden hier doch bereits über 300 vollständige Dinosaurierskelette ausgegraben und dabei 40 verschiedene Dinosaurierarten entdeckt. In dieser Masse ist das weltweit fast einzigartig. Uns beeindruckt vor allem die ungewöhnliche Landschaft und die Tatsache dass wir es hier 12 Grad warm haben, 12 Grad Plus wohlgemerkt. Und es bleibt, wenn auch bedeckt, den ganzen Tag trocken, sodass wir ein paar kleine Spaziergänge durch den Park machen können. An einigen Punkten sind komplette Dinosaurierskelette ausgestellt und man darf relativ frei durch den Park streifen. Der Campground ist einer der schönsten, die wir bisher erleben durften; eingebettet in die karge wüstenartige Landschaft, zieht sich der Bow River durch den Park und hinterlässt ein grünes Band von Gras und Bäumen an seinen Ufern. Langsam färbt sich hier das Laub schon goldgelb und mittendrin campen wir. Die Herbststimmung ist wunderschön und für uns Mitte September auch weitaus akzeptabler als der Winter in den Bergen. Auf dem Rückweg aus den Badlands heißt es leider nochmal Kilometer machen, denn außer Ackerland ist hier weiter nicht viel einen Zwischenstopp wert. Lediglich an einem kleinen Aussichtspunkt, wo es ein paar Hoodoos , Sandsteinformationen, die einem Männchen mit dunklem Hut gleichen, zu sehen gibt, halten wir noch und schaffen es tatsächlich an einem Tag wieder zurück nach Banff, wo es angeblich ab morgen zumindest wieder sonnig sein soll. Als wir ankommen ist es allerdings immer noch neblig trüb und vor Allem wieder 12 Grad kälter, sodass wir kurzerhand in eine kleine Therme in der Nähe des Campingplatzes gehen. Für ein paar Dollar kann man hier in einem Whirlpool plantschen, in einem heißen Außenpool relaxen, von dem man anscheinend normalerweise auch die Berge bewundern kann, und ein paar Wasserrutschen gibt es auch. Aufgewärmt starten wir also in die Nacht, was unser großes Glück wird, denn in dieser eiskalten Nacht passiert uns einfach das Schlimmste anzunehmende Szenario, wenn man mit einem Baby bei Temperaturen um den Gefrierpunkt campt. Das Gas ist leer und damit fällt uns mitten in der Nacht die Heizung aus. Irgendwie schaffen wir es bis zum Morgen nicht zu erfrieren im Gegensatz zum Salz in unserem Küchenschrank, was durch die Kälte komplett feucht wurde und zusammengeklumpt ist. Zu allem Überfluss erfahren wir morgens am Campground noch, dass die nächste Station um unser Gas aufzufüllen in Lake Louise, etwa 60 km entfernt ist. Also heißt es für uns schon wieder rein ins Auto, wo wir wenigstens eine Heizung haben und bye bye Banff, und dass, obwohl hier jetzt tatsächlich die Sonne rauskommt. In Lake Louise gibt es dann erst mal frisches Gas, einen heißen Kaffee und eine Krisenbesprechung, denn erstaunlicherweise ist hier das Wetter schon wieder bescheiden.Also beschließen wir die Flucht nach vorne und einfach weiter zu fahren. Der Yoho Nationalpark grenzt unmittelbar an seine beiden berühmten Nachbarn an und bietet eigentlich auch alles, was Banff und Jasper können: einen spektakulären Wasserfall, die Takakkaw Falls (dazu der zweithöchste Wasserfall Kanadas), und einen wunderschönen smaragdgrün schimmernden See, den Emerald Lake. Beides besichtigen wir bei leichtem Nieselregen und immer noch einstelligen Temperaturen aber sind trotzdem beeindruckt. Dann gibt es noch die Natural Bridge, eine fotogene Felsenbrücke, die sich über den Kicking Horse River spannt. Weil es uns aber endlich nach schönem Wetter zumute ist, zieht es uns weiter Richtung Westen und wir versuchen, das schlechte Wetter zu nutzen, um wenigstens ein paar Kilometer zu machen.



Kanada-Fakt Nummer 4: Kennt hier jemand Tim Hortons? Den Eishockey-Spieler? Nee, die Fastfoodkette. Der Ehemalige Eishockey-Profi (der leider nur wenige Jahre später tödlich verunglückte) hat das absolut gigantischste kanadische Coffeeshop-imperium gegründet und uns ist völlig schleierhaft wie das passieren konnte. Jeder wirklich noch so kleine Flecken, der sich „Ort“ nennen darf, hat ein Tim Hortons. Sobald die 10.000-Einwohner-Grenze überschritten ist, gibt es mindestens zwei. Und das obwohl weder der Kaffee noch die Teilchen gut sind. Wir haben‘s probiert. Mehrmals. Ehrlich. Weil wir unseren Kumpel Tim nämlich immer nutzen wenn wir mal schnell Wlan brauchen um etwas nachzuschauen. Und weil man dann schon ein schlechtes Gewissen kriegt wenn man so auf dem Parkplatz steht und sich ein paar Datenverbindungen schmarotzt, haben wir auch ab und zu was gekauft. Aber es hat irgendwie schon seinen Grund, dass außerhalb von Kanada keiner Tim Hortons kennt. Dennoch ist es ein Phänomen. Egal an welchem Ort man ist, sei es eine Bushaltestelle oder eine Touristeninformation, ein Waschsalon oder ein Picknickplatz, IMMER , absolut IMMER taucht mindestens ein Kanadier mit einem Tim-Hortons-Kaffeebecher in der Hand auf.


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Takakkaw FallsTakakkaw Falls
Takakkaw Falls

Yoho Nationalpark
Natural BridgeNatural Bridge
Natural Bridge

Yoho Nationalpark
Emerald LakeEmerald Lake
Emerald Lake

Yoho Nationalpark
Emerald LakeEmerald Lake
Emerald Lake

Yoho Nationalpark


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