"Welcome to Bethlehem, we welcome you on your journey as we welcomed the Prince of Peace"


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Middle East » Israel » West Bank » Bethlehem
September 24th 2013
Published: September 29th 2013
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Palästina, so präsent dieser Begriff immer wieder in den Medien ist, so wenig wissen Doch die meisten von uns darüber, wie die Menschen hier leben. Denn die palästinensischen Selbstmordattentäter die die Medien beherrschen sind mit Sicherheit nur das eine Extrem, dem auf der anderen Seite die extremistischen Juden, die ebenfalls eine Minderheit darstellen, gegenüber stehen.

Und doch scheint es keinen Frieden, keine Lösung geben zu können. Omer erklärt uns bei einem Glas Wein am Abend vor unserem Ausflug ins Westjordanland, dass es für ihn als Israeli zu gefährlich sei, dort hin zu reisen, dass er erwarte, dass seine Staatsangehörigkeit allein ausreiche um dort angegriffen zu werden. Und auf der anderen Seite werden zigtausende Araber, die täglich nach Jerusalem zum Arbeiten pendeln jeden Vormittag aufs Neue am Grenzübergang schikaniert und wie Illegale in ihrem eigenen Land behandelt, um nur einen der zahlreichen Eingriffe auf das Alltagsleben der Palästinenser zu nennen.

Ein bisschen beklommen steigen wir dann in den öffentlichen Bus nach Bethlehem, denn wir sind in den letzten Tagen so oft auf hebräisch angesprochen worden, dass wir offenbar optisch gut als Israelis durchgehen...

Es sind nicht mal 20 km nach Bethlehem, noch so einem Ort der einem seit der Kindheit, wenn auch aus einem anderen Medium, irgendwie bekannt vorkommt und von dem man dennoch keinerlei Vorstellung hat.

Schon bald rückt die riesige Mauer ins Bild, die die Israelis gebaut haben um das Westjordanland abzuschotten. wir passieren den Grenzübergang mit dutzenden stark bewaffneten Soldaten ohne behelligt zu werden, rein kommt hier jeder. Nur raus!?

Bethlehem ist heute kein Hirtendorf mehr, sondern eine moderne Stadt mit einer Einwohnerzahl irgendwo zwischen 30.000 und 180.000 . Auch die Zahl der dort lebenden Christen schwankt nach offiziellen Angaben irgendwo zwischen 2% und 50% .... scheinbar wäre eine erneute Volkszählung mal notwendig, so wie vor gut 2013 Jahren.

Von der Bushaltestelle sind es nur 5 Minuten in die wirklich bezaubernde Altstadt von Bethlehem. Hier sieht es so aus , wie ich mir eigentlich die Altstadt von Jerusalem vorgestellt habe. Wunderschöne enge Gassen mit kleinen, höchstens zweistöckigen Gebäuden, buntes Markttreiben auf den Straßen und allerhand exotische Gerüche. Im Gegensatz zu Jerusalem werden hier auf dem Markt noch Lebensmittel, Schuhe, Leder-und Holzwaren verkauft und nur wenn man näher an die Geburtskirche kommt, mischen sich ein paar Souvenirläden dazwischen, die aber zum großen Teil sehr geschmackvolle Holzschnitzereien wie Krippenfiguren und Olivenholzschalen verkaufen. Die Leute sind sehr freundlich und nehmen uns als Touristen eher am Rand war. Sie grüßen alle freundlich und vorallem die Kinder sind neugierig aber man wird nicht aufdringlich zum Kaufen/Taxifahren oder was auch immer animiert. Ich hatte mir alles hier viel rummeliger vorgestellt und bin total positiv überrascht von Bethlehem.



In der Geburtskirche kann man den Ort besichtigen, an dem Jesus' Krippe gestanden haben soll. Diese Stelle ist mit einem Stern gekennzeichnet über dem ein Altar steht und befindet sich unter dem Hauptschiff, der ansonsten recht schmucklosen Kirche. Wenn man den Stern küssen/anfassen oder ihm sonst irgendwie huldigen will muss man sich in einer riesigen Schlange anstellen, in der etliche Reisegruppen noch vor uns stehen. Wenn man ihn aber nur anschauen will, kann man auch einfach von der anderen Seite in die Krypta heruntersteigen und das tun. Unten steht eine Reiseleiterin und animiert die Leute dazu, sich nicht zu lange aufzuhalten an diesem heiligen Ort, es hat tatsächlich etwas von der Stimmung einer Essenausgabe in der Kantine und wir sind sehr froh, dass wir uns nicht in die Schlange gestellt haben. Wir besichtigen noch ein paar weitere Kirchen und Kapellen, darunter die so genannte "Milchgrotte", eine wunderschöne unterirdische Felsgrotte,
Hier soll Jesus geboren seinHier soll Jesus geboren seinHier soll Jesus geboren sein

...aber darüber wird heftig debattiert...
die dort erbaut wurde, wo Jesus der Geschichte nach von Maria zum ersten Mal gesäugt wurde. Ein Tropfen der Muttermilch soll dabei auf den Stein der Höhle getropft sein und dessen ansonsten rote Färbung soll daraufhin dort weiß geworden sein. Deswegen pilgern auch ganz viele Frauen in die Milchgrotte, klauen sich dort ein Stückchen weißen Stein und lutschen es, das soll die Fruchtbarkeit erhöhen. Aber wie mir vor Ort von einem netten Priester erklärt wurde stimmt das garnicht :-)Wir besuchen noch eine Holzwerkstatt, Bethlehem ist bekannt für seine Olivenholzschnitzereien und kaufen ein paar Christbaumanhänger im angrenzenden Laden und schlendern dann auch wieder zurück zum Bus. Weil ich irgendwie gerne noch ein bisschen Geld hier lassen will, kaufen wir auf dem Weg dorthin dann noch unser Mittagessen auf dem Bethlehemer Markt ein, ein paar Oliven, Brot und ein Körbchen köstliche zuckersüße Feigen. Alles in Allem war unser Kurzausflug in das Palästinensische Gebiet sehr schön, insbesondere habe ich alle Menschen als sehr freundlich und offen erlebt, ob wir jetzt nach dem Weg gefragt haben oder die Kirchen besichtigt haben. Keine Spur von den wütenden, gewalttätigen Menschen, als die sie gerne in den Medien präsentiert werden, vielmehr habe ich das Gefühl, dass der Großteil der Bevölkerung hier eben das Beste aus der tatsächlich ziemlich bescheidenen Situation macht, in der sie leben muss.

Auf der Rückfahrt werden wir dann noch Zeugen des Einreiseprozesses zurück nach Israel. Am Grenzposten dürfen diesmal alle erkennbaren Touristen im Bus sitzen bleiben, die muslimischen Fahrgäste müssen alle aussteigen, sich ausweisen (und vermutlich eine Art Reisekarte oder so etwas zeigen, denn sonst weiß ich nicht, was das bringen soll) und dürfen dann vorne in den Bus wieder einstiegen. Davor gehen allerdings noch zwei schwer bewaffnete Soldaten mit Maschinengewehren vor der Brust durch den Bus und mustern uns Touristen und die leeren Sitze der anderen Fahrgäste. Ob sie dabei mit geschultem Blick Sprengstoff aus den Rucksäcken und Handtaschen herausfiltern??

Zurück in Jerusalem schlendern wir nochmal zu unseren Lieblingsorten trinken nochmal einen Saft auf einer Dachterrasse nahe der Grabeskirche und werden auch noch Zeuge eines etwas seltsamen Umzugs in unserem Viertel, bei dem sehr viele Menschen durch die Straßen ziehen, israelische, irische, amerikanische und britische Fahnen schwenken und dabei singen. So ganz haben wir nicht verstanden, worum es geht, aber alle waren sehr fröhlich. Und hier sind noch so ein paar Sachen,die uns nach ein paar Tagen in Jerusalem aufgefallen sind:

-Israelis haben generell (nicht nur die sehr traditionellen) viele Kinder, laut Omer liegt die Kinderrate bei 3,4 Kindern pro Familie. Da können wir uns noch ne Scheibe von abschneiden. Elternzeit und Kita-Anspruch gibt es hier übrigens nicht, nur den gesetzlichen Mutterschutz.

-Die Israelis sind leider nicht grade höfliche Menschen. Ständig und überall wird gedrängelt, auch mal mit Ellenbogeneinsatz, am schlimmsten ist es beim Einsteigen in Bus und Straßenbahn. Ausserdem wird man dauernd angerempelt, wobei Christian und ich wohl die einzigen Menschen sind, die sich dafür entschuldigen, auch wenn wir es meistens sind, die angerempelt werden. Allerdings könnte der nächste Punkt die Ursache dafür sein denn:

-Jerusalems Einwohner sind immer in Eile. Okay das sind jetzt wieder hauptsächlich die Orthodoxen Juden. Die rennen den ganzen Tag wie aufgescheuchte Hühner durch die Gegend, die einzigen die man auch mal selten entspannt bummeln sieht, sind die Frauen, aber die müssen sich eben auch an das Tempo der Kinderschar anpassen. Die Herren düsen ständig von hier nach da und wir haben uns gefragt, ob dieses ständig beschäftigt sein -oder wirken- vielleicht als Tugend unter den Orthodoxen gilt, oder ob sie nur einfach im Sukkotstress sind und von einer Verpflichtung zur nächsten eilen. Die Orthodoxen Juden sind übrigens vom Militärdienst ausgeschlossen, der in Israel ganze 3 Jahre für die Männer bzw. 2 Jahre für die Damen beträgt!!! Warum das so ist kann mir bisher keiner sagen, aber bei deren ständigen religiösen Verpflichtungen haben sie vielleicht schlicht und einfach keine Zeit dafür.

- Immer wenn sich hier etwas wie Feuerwerk anhört, könnte es auch ein (Warn-)Schuss der omnipräsenten schwerbewaffneten Israelischen Armee - oder von den Menschen wegen denen die Armee so präsent ist- sein. Wir saßen ein paar Mal etwas angespannt im Café weil wir uns nicht ganz sicher waren, ob hier gerade am hellichten Tage ein unsichtbares Feuerwerk abgebrannt wird oder ob gerade "etwas passiert". Da um uns herum aber alle cool blieben, haben wir versucht das Gleiche zu tun. Was eigentlich jetzt los war, haben wir nie erfahren und ausser uns hat es scheinbar auch niemand interessiert. Man gewöhnt sich scheinbar an fast alles.

Soweit meine Feststellungen zu Jerusalem, welche allerdings bekanntlich nicht auf das ganze Land schließen lassen. Ich bin gespannt auf den Rest...morgen fahren wir ans tote Meer.


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