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Published: September 23rd 2012
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Am 21. September 2012 gegen 15.30 Uhr steckt Amit Ben David der zukünftigen Lior Blom Ben David einen goldenen Ring an den Finger.
350 Hochzeitsgäste! Rasten! Aus!
Eine jüdische Chatuna, DIESE jüdische Chatuna, war wohl das bisher großartigste Fest, dem ich beiwohnen durfte.
Statt des respektvollen Schweigens, dass deutschen Brautpaaren entgegengebracht wird, während sie anmutig durch schwere Kirchtüren zum Altar schreiten, werden Israelis auf dem Weg zur Chuppa, dem kleinen Baldachin unter welchem der Rabbiner Liebende vermählt, wie Rockstars gefeiert. Es wird gekreischt und geKULULULULULUUUUT bis zur Stimmbandentzündung. Scharenweise wird nach Taschentüchern gegriffen. Ob die Tränen von Atemnot, emotionaler Mitgerissenheit oder purem Glück rühren, ist schwer zu sagen. Für mich war es wohl eine Mischung aus allem. Lior und Amit sind seit 8 Jahren zusammen. Ich glaube, ich selbst könnte mich in keinen Menschen so verlieben, wie ich mich in diese beiden verliebt habe. In Worten ist es schwer zu fassen, aber wer die zwei zusammen erlebt, der zweifelt nicht mehr, dass es die wahre Liebe wirklich gibt!
Eine Hochzeit in Israel ist in vielerlei Hinsicht anders, als bei uns Deutschen. Zum einen beginnt sie mitunter vor der eigentlichen Vermählung. Ich bin mit Tamar und ihrem Freund
Yorai gegen 13 Uhr in Yodfat angekommen. Die Hochzeit fand draußen statt in einer Art natürlichem Amphietheater mit gemütlichen Kissen und Matrazen zum relaxen auf den verschiedenen Ebenen. Um den hinteren Bogen der Tanzfläche und Bühne waren Tische aufgestellt von denen man, sonnengeschützt unter weißem Baldachin, den Blick über das Tal genießen konnte. (Bilder könnten die Geschichte viel besser erzählen, als meine Worte, aber auf die muss auch ich wohl noch eine Weile warten.)
Das Freudenfest startete mit Snacks auf weißem Porzellan und Wodka-gespritzten Fruchtsäften (aus echten Früchten versteht sich). Kurz darauf sah man die 20 Kellner mit riesigen Schüsseln und Platten die Stufen hoch und runter rennen. Dann aßen alle mehr als sie tragen konnten.
Während der eigentlichen Zeremonie sitzt oder steht ein jeder vor, hinter, neben der Chuppa. Eine klare Trennung gibt es nicht. Der Baldachin wird an vier Pfählen von Liors und Amits Brüdern getragen. Brautpaar, Rabbi, Brauteltern und der Rest der nächsten Blutsverwandten kuscheln sich darunter. Es wird gebetet, gesungen, AMEN im Chor geraunt. Verstanden hab ich nicht viel. Nur: "Ani roze et ha jein, bevakasha" - "Ich möchte bitte den Wein haben". Das kam ein paar Mal vor. Als sich festlich gekleidete Füße
letztlich auf das Glas senken und die Scherben klirren, weiß auch ich: Zeit das KULULULULUlen wieder aufzunehmen.
Es folgt Dessert und ein Bühnenprogramm. Familienreden. Lied vom Vater. Lied der Schwestern, Brüder, Cousins und Cousinen. Tanz der Freunde. Kurzfilme der Freunde. Dazwischen rennen der Kameramann und seine 4 Fotografen engagiert durch die Reihen und blitzen einem jeden Freude ins Gesicht. Fotomagneten des eigenen Gesichts gibts gratis, zum mitnehmen für den Heimkühlschrank.
Dann holt Liors Arm aus und ruft alle Gäste auf die Bühne, was heißt: RIKUDIM, RIKUDIM VE OD RIKUDIM! - TANZEN! Ich fange an und höre nicht mehr auf. Nach 8 Stunden, barfuß, auf dem Steinboden schlagen meine Füße Blasen. Dania, eine weitere Freundin aus Sde Nehemiya, schluckt vor dem Schlafengehen Schmerztabletten, weil ihr die Beine so weh tun.
Trillerpfeifen, ein geschultertes Brautpaar über den Massen, endlose Runden Schnaps, der Gin Tonic läuft wie Wasser, Hände klatschen, Hüften schütteln. Jung, Alt, Jünger, Groß, Klein, Mittel - ALLES, aber wirklich ALLES tanzt, als gäbe es kein Morgen mehr. Besser hätte ich in meinen Geburtstag nicht reinfeiern können.
Irgendwann nach Mitternacht lichtet sich die Runde und nach und nach schleichen sich die Menschlein zurück auf die Matratzen, rein
in die Schlafsäcke und machen ihre Äuglein zu.
Beim Frühstück am nächsten Morgen guckt alles noch etwas schief, aber zufrieden. WAS ´NE NACHT!!!
Während Lior und Amit damit beschäftigt sind alle Geschenke auszupacken und Schecks zur Bank zu tragen, schlägt sich der Rest meiner Freunde wacker und gibt sich viel Mühe mir einen schönen Geburtstag zu bereiten.
Nach einem ausgedehnten zweiten Frühstück, humpeln 3 alte Omas und ein in die Jahre gekommener Herr auf den Reiterhof von Tamars Cowboy-Freund um sich über die seichten Hügel der Golan tragen zu lassen. Danach gehen wir Äpfel klauen. Dann ins Bergdorf Messade, Knafeh (sirupgetränkte Käse-Süßspeise) essen und Arabischen Kaffee trinken. Anfangs noch jugendlich motiviert, verlieren sich unsere Pläne, nochmals tanzen zu gehen, nach dem Abendessen im kläglichen "oh weh, oh weh" - unserer Pein.
Man wird halt doch nicht jünger...
Schön ist´s dennoch gewesen! Sehr!
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