Episoden


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Europe » Russia
April 17th 2007
Published: April 17th 2007
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keine Ahnung ob das überhaupt noch jemand liest, aber noch mal ein paar kleine Episoden aus meinem Leben. Nichts Aussergewöhnliches, wer etwas Wichtiges zu erledigen hat --> macht lieber das 😉

Es geht mir immer noch gut, aber ich bemerke dennoch, dass ich hier ein Ausländer bin. Nur nicht den Humor verlieren. Hier mal ein paar Kurzgeschichten, gesammelt in den letzten Monaten.

Irgendwann im Winter:
Ich sitze hier grad in der Firma, als der Feueralarm in unserem neugebauten Gebäude losgeht. In einer unglaublichen Lautstärke. Aber ich bin ja schon ein wenig hier, also halte ich das ganze aus. Circa fünf Minuten. Danach entschliesse ich mich doch das gefährdete Gebäude zu verlassen. Ich speichere die Datei, packe meine Sachen, suche meine Jacke und Handy zusammen und stehe dann vor dem Gebäude auf dem Feld. Nach 12 Minuten. Jeder deutsche Brandschutzbeauftragte würde bei an solchen Vorgabezeiten mit den Ohren wackeln. Jedoch hier - ich war allein vor dem Gebäude in der Kälte. Schaute zum Fenster hinein und drinnen schaute mich die gesamte Mannschaft (grad beim Teetrinken) an. Grosses Grinsen auf beiden Seiten des Fensters. Da war er wieder, der Deutsche welcher immer so korrekt und ordentlich ist. Er soll sich sogar im Auto immer anschnallen. Unglaublich. Ich also wieder hinein, einen Tee mitgetrunken (nebenbei die Ohren zugehalten) und darauf gewartet das der Alarm abgestellt wird. Wurde er dann auch bald.

Was gibt es sonst noch neues? Gestern Schlittenfahren gewesen, auf einem Hügel in Moskau. Richtige Schlittenfahrberge gibt es hier nicht, zumindest habe ich diese noch nicht gefunden. Da haben wir den russischen Kindern (wir waren mit Abstand die ältesten - ausser den besorgten Müttern) erst mal gezeigt was sie alles dann gleich nicht mehr durften. Hat Spass gemacht, und kaputt ist auch nichts gegangen.

Frühling:
Es ist mittlerweile wärmer geworden. Das Wetter ist gut und die Laune ebenso. Neulich war Bex unterwegs und hat einer Bettlerin einen 500 Rubelschein gegeben, da sie kein Kleingeld hatte. Dies ist für die Bettlerin sicherlich so etwas wie ein Lottogewinn. Ungefähr 20 Dollar. Muss sie ca. einen Monat für arbeiten, bzw. nicht arbeiten. Doch was macht die gute Frau? Die Bettlerin steht auf und schreit ihr hinterher, Bex dreht sich um und wird gefragt: „Kann ich Deine Wasserflasche auch noch haben?“ Da muss man schon schmunzeln. Man sollte der Frau einen Job im Einkauf bei Lidl anbieten 😉

Hausrechnungen, wir haben ein kleines Problem. Mit der Wohnung. Wir haben noch niemals Wasser oder Strom oder ähnliches bezahlt. Durch die hohe Fluktuation hat sich nie jemand verantwortlich gefühlt. Nun stapeln sich die Rechnungen im Briefkasten (den seit 14 Monaten niemand mehr geöffnet hat) und wir freuen uns jeden Tag auf das Neue wenn das Licht am Abend wieder angeht. Haben schon mal Kerzen gekauft. Das Gute ist - ich habe mich informiert - das Wasser kann man uns nicht abstellen, das geht nur für das Gebäude, und wenn auch nur einer irgendwo zahlt, dann fliesst es. Also hoffen auf die Nachbarn!

Ich würde sagen, der Rest ist Grossstadtalltag.
Dies geht damit los, dass ich im Supermarkt von Zeit zu Zeit auffalle, indem ich zum Beispiel den Kassenzettel kontrolliere und auch noch Fehler finde (Zitat nachdem sie eine Milch zuviel berechnet hat: „Oh Mann, jetzt muss ich auch noch den Marktleiter holen, kannst Du nicht einfach noch eine Milch holen?“) oder als ich einmal die ganze Supermarktschlange gegen mich aufgebracht habe, nachdem ich festgestellte, dass meine Kreditkartennummer auf dem Kassenzettel abgedruckt war. Normalerweise sollten da Sternchen sein, damit nicht irgendeiner die Zettel aufsammelt und dann im Internet shoppen geht, aber hier war diese aufgeschrieben. Ich also nachgefragt, und dann von der Kassiererin zurechtgewiesen wurden. Wenn es mir nicht passt, dann soll ich halt woanders einkaufen gehen! Man Man Man, da war ich seit langem wieder einmal sprachlos.

Ich bemerke aber, wie mich so etwas immer mehr betrifft. Am Anfang in Chelyabinsk, da war diese Fremdheit der Kultur irgendwie interessant, ich war irgendwie Gast. Konnte aus der Vogelperspektive schmunzeln. Nun bin ich insgesamt schon ein Jahr hier und lebe hier. Dort war ich allein, hier habe ich mittlerweile Sachen die mir wichtig sind. Da ist es schwieriger sich einfach von solchen Dingen zu distanzieren und diese nicht persönlich zu nehmen. Geht bei Pöbeleien in der Metro los, kann aber auf Korruption und Bürokratie genauso bezogen werden. Wenn ich in meiner Uni (wo ich zweimal die Woche Russischkurs mache) sehe, dass es in einem riesigen Gebäude eine halbe Stunde einen nicht abgeschlossenen Ausgang suchen muss (Mittags), da will am liebsten die Leute schütteln und sagen: Denk doch mal nach!

Zusätzlich dazu die politische Lage. Ob es nun gegen Georgien geht, gegen die Gastarbeiter welche auf Märkten arbeiteten, oder alte Leute auf Demos von der Polizei verprügelt werden. Da war es wieder, in letzter Zeit wieder häufiger - das stumme Kopfschütteln.

Wenn ich mir diesen Text noch einmal durchlese, so fällt mir auf wie depressiv das alles klingen mag. Bin ich nicht, immer noch das pralle Leben, keine Pause, grosser Löffel und so weiter, aber wenn ich dazu höre den Kollegen in allen Gegenden der Welt so wiederfährt, dann Überkommt es mich manchmal, dann muss man sich mal wieder virtuell ausheulen.

Geschehen und nun - aus dem Fenster geschaut, strahlender Sonnenschein, Bex geht es klasse, die Sippe aus Deutschland sind dagewesen, dazu kommen nächste Woche Alex und Jojo und der Gesundheit geht es ausgezeichnet. Was will man mehr!


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17th April 2007

Episoden
...ja, wir lesen noch...man schaut hin und wieder schon noch mal auf deinen Seiten vorbei...umso mehr freut man sich wenn ein neuer Beitrag drin steht...schoen zu sehen, dass es dir so gut geht... Gruesse von der anderen Seite, Anja
23rd April 2007

Frühling
Schön, dass bei dir Frühling wird. Ich hole langsam meine dicken Sachen raus. Also dein Blog klingt eher alltäglich, als deprimiert. Scheinbar, weil du doch schon so lange dort bist. Ach übrigens... nix mit helleren Sternen, längere Sonne oder dass das Wasser anders fließt. Alles ist normal hier am Ar.. der Welt. Nur kann ic mich nicht daran gewöhnen, dass die Sonne von Osten nach NORDEN und Westen läuft. Das passt der schöne Spruch nicht... um ungefähr zu wissen wo man steht. Hast du ein paar Fotos vom Besuch der Family? Liebe Grüße Kleene
2nd May 2007

neue ufer
hi martin, sind erfreut dich wieder mal zu hören bzw. lesen. Ein bisschen kommt es mir vor, als wenn deine energie in den weiten russlands verloren geht oder wirst du langsam gut bürgerlich, soll ja in deinem alter langsam losgehen. Man muss ja auch weiter denken. Trotzdem wäre es jammerschade um deine kreativität und flexibilität. Bei uns ist soweit alles ok. Haben gerade wieder bodos geburtstag gefeiert - böse falle. Gera steht zur Zeit im mittelpunkt - BUGA 2007. Wir warten aber immer noch auf die Milionen von Besuchern, welche angekündigt worden sind. naja geht ja bis oktober. also lass dich nicht unterkriegen, bleib standhaft wie eine deutsche eiche und meld ich bald mal wieder. liebe grüsse die 3 scheubos

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