Advertisement
Published: January 21st 2010
Edit Blog Post
Chau Doc
Mittlerweile sind wir im Grenzgebiet zu Kambodscha. Neben Vietnamesen leben hier auch zahlreiche Khmer (Angehörige des Staatsvolks von Kambodscha; bitte nicht mit den Roten Khmer in einen Topf werfen!) und man sieht viele Khmer-Pagoden und Mönche in orangefarben, anstatt in braunen Gewändern. Vom Busbahnhof ins Zentrum von Chau Doc fuhren wir mit Cyclos. Während anderswo diese vietnamesische Version der Fahrradrikscha fast ausschließlich von Touristen zu Sightseeing-Zwecken genutzt wird, scheint sie sich in Chau Doc als reguläres Transportmittel der Einheimischen neben dem Motorradtaxi behauptet zu haben. Die Cyclos in Chau Doc sehen auch ein wenig anders aus, als die, die ich bisher gesehen habe. Normalerweise haben diese nämlich den Sitz vorne als umgebauten Lenker. In Chau Doc hingegen handelt es sich bei den Cyclos ist die Sitzfläche als Anhänger an ein normales Fahrrad angebaut.
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir damit, die Stadt zu Fuß zu erkunden. Chau Doc ist nicht sehr groß, aber der hiesige Markt ist der größte und interessanteste, den ich im Mekong-Delta gesehen habe. Zu der sonst schon kaum überschaubaren Menge an frischem Obst, kommen hier noch einige Sorten hinzu, die ich bisher noch nicht gesehen hatte. Das Gemüse leuchtet in sattem Grün. Natürlich wird
auch Fleisch angeboten, sowie alle möglichen und unmöglichen Dinge des täglichen Bedarfs. Auch viele Essstände finden sich hier. Als verspätetes Mittagessen bestellten wir zu einem lächerlichen Preis von ca. 37 ct. eine Reisnudelsuppe mit Krabbenfleisch. Dass auch geronnenes, in feste Blöcke gepresstes Schweineblut mit zu den Zutaten gehört, stand allerdings nicht auf der Liste, aber Blutwurt ist ja im Prinzip auch nichts anderes. Bevor es dunkel wurde, ließen wir uns noch etwa eine Stunde lang im Boot zu zwei Dörfern fahren, zum einen in ein schwimmendes Dorf, in dem in Netzen unter Hausbooten Speisefische gezüchtet werden und zum anderen einem Dorf der Cham, der muslimischen Nachfahren des einst hinduistischen Champa-Reiches.
Sam
Am nächsten Tag besuchten wir den Berg Sam. Bei einem nicht einmal 300m hohen Hügel mag es einem etwas vermessen vorkommen von einem Berg zu sprechen, aber im tellerflachen Mekong-Delta ist alles ab der Höhe eines Maulwürfshügels ein Berg. Der Sam ist ein heiliger Berg und trotz seiner Größe beherbergt er zahlreiche buddhistische Tempel. Ein besonders prachtvoller steht direkt am Fuße des Berges. Nachdem wir diesen besichtigt hatten, liefen wir an der Straße entlang und suchten nach dem Aufstieg. Laut Karte sollte es eine Straße
Markt in Chau Doc
So viele Sorten Reis! und einen Fußweg zum Gipfel geben. Leider war letzterer nirgends zu finden, so dass wir dann doch die Straße nahmen. Unterwegs begegnet wir immer wieder freundlichen Menschen und wie immer im Mekong-Delta begrüßten uns vor allem die Kinder freudig mit "Hello". Das Zurückgrüßen artete regelrecht in Stress aus, als wir eine Schule passierten, an der gerade Schulschluss war. Als die Straße zum Aufstieg abzweigte, wurde es aber immer menschenleerer und nur noch ab und zu kamen wir an Häusern vorbei, an denen meist auch Getränke oder etwas zu Essen verkauft wurden. Oben auf dem Gipfel befand sich eine kleine Militärstation, die eigentlich nur aus einer winzigen Hütte bestand und von uns gar nicht als solche erkannt worden wäre, hätte nicht ein Schild vor Fotografien gewarnt. Es gab aber sowieso schönere Motive. Der Blick über das flache Land und ein Meer von Reisfeldern war trotz trüben Wetters gigantisch.
Eine Busfahrt
Der dritte Tag sollte schließlich unser letzter gemeinsamer Reiseabschnitt werden. Alex wollte über Ha Tien weiter auf die Insel Phu Quoc, während ich noch einen Tag entspannen und dann weiter nach Kambodscha wollte. Wir entschieden uns, noch gemeinsam die sogenannte Knochenpagode in Ba Chuc zu besichtigen, die
auf dem Weg nach Ha Tien liegt. Wir hatten uns zunächst gedacht,mit dem Motorrad dorthin zu fahren. Da es aber an dem Tag regnete, fragten wir statt dessen in unserem Hotel, ob es eine Busverbindung gäbe. Schließlich lag Ba Chuc ja auf der Strecke nach Ha Tien, so dass Fernbusse dorthin auch in Ba Chuc würden halten müssen. Der Hotelangestellte schickte uns statt dessen zur Haltestelle für den öffentlichen Nahverkehr. Auf unsere Anfrage beim Busfahrer, ob wir mit ihm nach Ba Chuc kämen nickte der mit dem Kopf und wir stiegen ein. Sobald wir Chau Doc hinter uns gelassen hatten, fuhren wir durch eine schöne Landschaft, die zunächst flach und durch Reisfelder geprägt war, mit der Zeit aber auch von mehr und mehr Hügeln durchsetzt wurde. An den Straßenrändern standen abwechselnd zumeist ärmliche, teilweise auf Pfählen gebaute Hütten aus Wellblech und zahlreiche vietnamesische und Khmer-Pagoden.
Irgendwann stoppte der Bus an einer Tankstelle zwischen den Dörfern und der Fahrer verwies uns an einen leeren Bus, der dort wartete. Als wir nach etwa 20 Minuten los fuhren und Tickets nach Ba Chuc kaufen wollten, starrte uns der junge Kartenverkäufer verständnislos an, sagte etwas auf vietnamesisch und fügte dann "no ba chuc"
hinzu. Er deutete auf einen anderen Bus, der gerade am Wegrand hielt. Unser Bus öffnete die Tür, wir sprangen hinaus, liefen auf den anderen Bus zu und fragten den Fahrer: "Ba Chuc?" Wortlos deutete er auf den Bus, aus dem wir gerade ausgestiegen waren. Schließlich ließ man uns dann doch im ersten Bus mitfahren. Die Endhaltestelle war dann mitten im Nirgendwo und ich hatte schon Angst, nicht mehr am selben Tag in mein Hotel zurückzukommen. Aber als wir ausstiegen, deutete der Ticketverkäufer auf eine Gruppe Motorradfahrer, die sich natürlich freudig auf uns stürzten.
Sie boten uns an, uns für 40.000 Dong pro Person nach Ba Chuc zu fahren. Auf Verhandeln ließen sie sich nicht ein. Im Gegensatz zu Städten wie Saigon schienen die Motorradtaxis im Mekong-Delta nicht mit sich handeln zu lassen. Hier auf dem Land besteht keine so große Konkurrenz. Es gibt kaum richtige Taxen, der öffentliche Nahverkehr hält sich in Grenzen und die Fahrer selbst scheinen alle untereinander befreundet zu sein, so dass keiner den anderen unterbietet. Allerdings muss man auch zugeben, dass die verlangten Preise bisher immer recht fair waren. In Saigon verlangte ein Fahrer einmal für eine Strecke gleicher Länge zunächst 150.000 (mehr als ein
Taxi!), was ich natürlich ignorierte. Am Ende habe ich ihn auf 40.000 runter gehandelt. Wir akzeptierten also das Angebot der Motorradtaxen und ließen uns nun doch auf dem Sozius nach Ba Chuc fahren. Nach insgesamt drei Stunden Bus- und Motorradfahrt kamen wir endlich an.
Die Knochenpagode
1978 überschritten die Roten Khmer die Grenze und kamen nach Ba Chuc. Sie richteten ein Massaker an. Über 3000 Einwohner des kleinen Ortes wurden von ihnen hingerichtet. Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, sowohl Vietnamesen als auch ethnische Khmer waren betroffen. Nachdem Vietnam Ende 1978 in Kambodscha einfiel und die Herrschaft der Roten Khmer beende, errichtete man an der Stelle des Massakers von Ba Chuc die sogenannte Knochenpagode. Ähnlich wie die "Killing Fields" in Phnom Penh befindet sich hier eine buddhistische Stupa in der hinter Glas die Knochen der Opfer, geordnet nach Alter und Geschlecht, zu sehen sind.
In der Nähe befinden sich zwei ältere, traditionellere Gebäude, die ebenfalls zur Pagode gehörten. Als wir auf diese zugingen, wurden wir von zwei alten Männern mit langen weißen Bärten begrüßt. Sie winkten uns zu sich heran und boten uns Tee an. Anscheinend kommen hier nicht viele Ausländer her und sie freuten sich
sichtlich über unsere Anwesenheit. Sie sprachen kaum Englisch, versuchten aber mit Händen und Füßen uns begreiflich zu machen, was passiert sei. Sie deuteten an, dass die Roten Khmer die Dorfbevölkerung zusammen getrieben und in eines der Tempelgebäude geschleppt habe. Dort habe man sie gezwungen, sich auf den Boden zu kauern und sie wurden mit Gewehren erschossen. Es war sehr beklemmend, den alten Männern zu zuhören und wir hätten ihnen gerne ein paar Fragen gestellt.
Advertisement
Tot: 0.122s; Tpl: 0.012s; cc: 8; qc: 24; dbt: 0.0769s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1;
; mem: 1.1mb