Einmal Hölle und zurück - Aufstieg auf den Mount Rinjani


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November 19th 2016
Published: November 20th 2016
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Am Ausgangspunkt unserer WanderungAm Ausgangspunkt unserer WanderungAm Ausgangspunkt unserer Wanderung

Zitat Dennis " Sieht ja garnicht so hoch aus" ...
Als morgens um 03.30 Uhr unser Wecker klingelt fühlen wir uns beide wie gerädert. Die ganze Nacht hatte es unfassbar gestürmt, gewittert und wie aus Eimern geregnet und in unserem kleinen Schilfdachbungalow war es dadurch so laut dass wir kaum schlafen konnten. Dazu kam die Sorge, wie wohl unsere Wandertour auf den Mount Rinjani bei einem solchen Wetter ausfallen würde und ob sie überhaupt stattfinden kann. Wir haben zwar extra ganz Kuta auf den Kopf gestellt um noch zwei ansehnliche Regencapes zu finden, aber bei einem richtigen Unwetter macht das ganze trotzdem wenig Spaß.
Nachdem ich um viertel nach vier mal den Fahrer geweckt habe, der uns eigentlich um 4 Uhr abholen sollte, fährt man und in etwa zweieinhalb halsbrecherischen Stunden nach Senaru, einem kleinen Dorf im Norden von Lombok und Ausgangspunkt unserer Wanderung. Dort der nächste Schreck, wir sind ausgerechnet auf die Agentur gebucht worden, mit der wir nicht Wandern wollten, die im Internet sehr schlecht bewertet ist. Nun gut, scheinbar hat man auf Grund der wenigen Buchungen jetzt in der Nebensaison die Teilnehmer aller lokaler Agenturen zusammengeworfen und es ist nun alles vorbereitet. Wir harren der Dinge und der Vorteil ist dass wir eine sehr kleine Gruppe aus 5 Teilnehmern sind. Und für eine überregionale Agentur hätten wir deutlich mehr bezahlt.
Unsere Gruppe besteht neben einem Taubstummen Franzosen dessen Name ich bis heute nicht kenne, noch aus den beiden Spaniern Xavier und Marc, wobei Marc erst später hinzustoßen wird und auch nach dem zweiten Tag wieder Absteigen wird, während wir anderen das 3-Tage-Programm gebucht haben. Unser Guide Wadi und zwei Träger, die Porter, unterstützen uns. Durch die beiden werden unter Anderem die Zelte, Schlafsäcke und Kochutensilien sowie das gesamte Essen und einige extra Flaschen Trinkwasser auf den Berg getragen. Ruben, der gesprächigere der Beiden, schätzt dass sein Gepäck etwa 30 kg wiegt! Das Gepäck tragen die Porter in zwei übervollen Tragekörben, die mit einem Bambusrohr verbunden sind, über der Schulter. In den folgenden Tagen werden die beiden und ihre Kollegen mich zutiefst beeindrucken und immer wieder auch verwundern, wie sie sich mit stoischer Ruhe, das schwere Gepäck auf den Schultern, den steilen Berg hochschieben, und egal wie unwegsam das Gelände ist damit fast hinabjoggen- und das meistens in FlipFlops, völlig ungeeignetes Schuhwerk für fast jeden Untergrund hier.

Als wir um 09.30 Uhr starten, ist es schon unfassbar heiß und der Gipfel des Rinjani verschwindet langsam in seiner typischen Wolkendecke. Ein Glück, dann hat man nicht die ganze Zeit vor Augen, wie hoch man noch klettern muss. Heute haben wir 1700 Höhenmeter vor uns, es sind sieben Stunden Gehzeit eingeplant. Zunächst geht es durch teilweise meterhohes Steppengras über grüne Hügel am Fuß des Vulkans auf einem Sandpfad noch halbwegs moderat bergauf. Dennoch kommt man bei der Hitze und Luftfeuchtigkeit ganz schön ins Schwitzen, da man der Sonne völlig ausgesetzt ist. Unsere Bedenken wegen möglichen Regens werden von unserem Guide kompetent mit der Antwort "maybe, maybe not" weggewischt. Überhaupt wird sich im Laufe der Tour herausstellen, dass unser Guide eine ziemliche Pfeife ist, aber dazu später mehr. Wir wissen auf jeden Fall jetzt, woher der schlechte Ruf der Agentur kommt...

Nach etwa eineinhalb Stunden Aufstieg ist eine Pause im Schatten dringend nötig und wir kommen zum ersten Mal in den Genuss von Ruben's Kochkünsten, als er uns eine köstliche Nudelsuppe zaubert und frisches Obst dazu aufschneidet. So gestärkt geht es weiter und ohne größere Pause steigen wir dann jeder in seinem eigenen Tempo den immer steiler und unwegsamer werdenden Pfad hinauf. Der verrückte Marc, der aus den Pyrenäen kommt und dort Ultramarathon durchs Gebirge läuft, sprintet davon und langsam aber sicher zieht sich die Gruppe auseinander. Der Aufstieg ist wirklich beschwerlich und wird immer steiler, je näher man sich dem Kraterrand nähert. Ein kurzer Regenschauer bringt etwas Abkühlung und gegen Ende steigen wir durch feuchten Nebel auf. Der Weg geht über Geröll, durch einen lichten Wald und gegen Ende ist er so steil, dass man fast senkrecht zum Berg stehen kann, wenn man alle paar Meter eine kurze Atempause einlegt. Etwa eine halbe Stunde vor der angepeilten Zeit sind alle Teilnehmer unserer Gruppe auf dem Kraterrand, als nächstes folgen die Porter, doch von Wadi noch weit und breit keine Spur.

Die beiden Träger bauen die Zelte auf, es ist windig, kühl und neblig-feucht hier oben auf 2600 m und alle frieren in ihrer durchgeschwitzten Kleidung, auch wenn wir schon dicke Jacken übergezogen haben. Wir dürfen ein kleines Zweierzelt beziehen, die drei Jungs sollen sich ein etwas größeres Dreierzelt teilen. Irgendwann taucht auch Wadi auf und dann stellen die Jungs leider fest, dass das Oberzelt des Dreierzeltes nicht zum Innenzelt passt und viel zu klein ist. Die Dunkelheit bricht herein und es gibt offenbar keine Alternative für die drei, als dem Wind und Nebel ausgesetzt, in dem nur unzureichend bedeckten Zelt zu schlafen. Nach einem kleinen Tobsuchtsanfall (vom Thema her vollkommen berechtigt aus unserer Sicht) wegen der mangelhaften Ausrüstung schläft Marc dann im Zelt der Porter, die bei Trägern anderer Agenturen Unterschlupf finden. Insgesamt zelten, denke ich, um die hundert Touristen und Einheimische heute Nacht hier. Die anderen beiden Jungs beissen die Zähne zusammen und bleiben in ihrem Zelt. Wadi wird wegen des Streits mit Marc immer unleidlicher und letztendlich bekommen wir erst mit zwei Stunden Verspätung unser Abendessen, da waren wir vor Erschöpfung schon fast eingeschlafen. Die Nacht wird kurz, hart und feuchtkalt. Es regnet immer wieder und der Nebel kriecht durch die Zelte, ich will mir gar nicht ausmalen, wie es sich in dem Dreierzelt angefühlt haben muss. Um 01.30 Uhr werden wir mit heißem Tee und ein paar Keksen geweckt und machen uns kurz nach 2 Uhr auf den Weg zum Gipfel des Mount Rinjani (3.726 m), um von dort den Sonnenaufgang zu bestaunen. "Three Hours, Maybe Four" lautet die Zeitangabe unseres Guides, der selbst bereits nach wenigen Metern zurückfällt und dann nicht mehr gesehen wurde, während wir uns mit Stirnlampen bewaffnet in kleinen Gruppen langsam den Kraterrand weiter hinaufschieben. Es sieht aus, als würden sich kleine Gruppen von Glühwürmchen vor und hinter uns bewegen und man kann den Weg zum Glück auch ohne Guide nicht verfehlen. Wir klettern und rutschen durch schwarzen, knöchelhohen Vulkansand langsam bergauf und schon nach kurzer Zeit ist die Kälte der Nacht vergessen. Dann folgt ein etwas gemäßigter Streckenabschnitt durch steiniges Geröll über den schmalen Grat. Wir haben Vollmond, sodass wir jetzt schon erahnen können, wie der Blick links und rechts später sein wird. Mehrmals stellt sich uns die Frage, was wir hier eigentlich tun, aber irgendwie motivieren wir uns doch immer wieder weiter zugehen. Je höher wir steigen um so öfter passieren wir Bergsteiger mit Kreislaufproblemen und auch mir geht es immer schlechter. Die zweite Nacht mit viel zu wenig Schlaf, die Höhe und die Anstrengung fordern ihren Tribut und ich muss immer wieder Pausen einlegen, da ich völlig kraftlos bin. Irgendwann passiert uns ein Guide und bietet uns die köstlichsten Kekse an, die ich in meinem Leben gegessen habe. Ich glaube er hat uns den Gipfel gerettet, denn dieser kurze Zuckerschock bringt wieder ein bisschen Kraft und vor Allem in meinem Kopf den nötigen Placeboeffekt, der mich wieder weiter pusht. Als wir den Gipfel und einige vereinzelte Glühwürmchen schon sehen können und das Gefühl haben, dass wir gleich da sind beginnt der härteste Teil des Weges. 45 Minuten über tiefen Sand und Steine geht es auf dem Kamm steil bergauf. Das Tempo bestimmt der Untergund: Zwei Schritte gemacht, einen wieder hinuntergerutscht. Völlig demoralisierend an diesem Punkt. Aber da sich am Horizont schon ein roter Streifen zeigt schieben wir uns irgendwie auch dieses letzte Stück noch Schritt für Schritt bergauf. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir nach fast dreieinhalb Stunden den Gipfel, als die Sonne aufgeht, Dennis noch 5 Minuten vor mir.

Außer uns haben es nur etwa 30 Andere hier hoch geschafft. Die Stimmung schwankt zwischen erschöpft und ausgelassen und immer wieder versichern sich alle gegenseitig, dass dieser Aufstieg das absolut abartigste war, was sie in ihrem Leben getan haben. Ich denke, in der Kombination mit dem Aufstieg am Vortag und den dann heute folgenden 1100 Höhenmetern kann ich für mich definitiv sagen, dass das eine der größten Herausforderungen meines Lebens war. Ich glaube mein Freund hat da etwas andere Maßstäbe aber auch er muss zugeben, dass der Aufstieg hier kein Klacks war.

wir genießen den Ausblick über ganz Lombok bis nach Bali und in den Vulkankrater, wo sich langsam die Wolkendecke lichtet und den Blick auf den wunderschönen Kratersee freigibt. Gestern war alles so neblig gewesen, dass wir den See noch garnicht sehen konnten. Die Gruppen, die mit einem "richtigen Guide" wandern, bekommen von ihren Guides Schokoriegel und Kekse für ein bisschen neue Energie zugesteckt und teilen netterweise mit uns, sodass wir halbwegs gestärkt den Abstieg antreten können. Es wird auch langsam kalt hier oben. Runter geht es zum Glück schneller, durch den tiefen Sand kann man springen und rutscht (oder fällt) halbwegs komfortabel in etwa 2 Stunden nach unten, wo uns die Porter schon mit frischen Bananenpfannkuchen erwarten. Nach dem Frühstück entscheidet Xavier, dass er nicht noch eine Nacht in dem miesen Zelt schlafen will und mit Marc absteigen wird. Der Franzose und ein Porter schließen sich den beiden an, sodass Dennis und ich ab jetzt quasi eine Privattour haben. Wir steigen mit Ruben und Wadi (der allerdings wieder nonstop am Handy und meilenweit hinter uns) in den Krater ab, wo wir die zweite Nacht am See Segara Anak verbringen werden. Der Anstieg ist äußerst beschwerlich und führt fast eineinhalb Stunden über grobe Steinbrocken 600 Höhenmeter bergab. Wir merken dass wir auf Grund der bereits zurückgelegten Strecke in der Nacht unkonzentriert sind und immer wieder stolpern. Als wir ankommen baut Ruben schon die (verbliebenen zwei vollständigen) Zelte auf und von weitem sieht es aus, als ob wir einen super idyllischen Zeltplatz direkt am Seeufer hätten. Je näher wir kommen umso mehr zeigt sich jedoch, dass hier alles vermüllt ist. Oben auf dem Kraterrand muss es zur Hochsaison auch schrecklich sein, allerdings war uns das gestern (vielleicht auch wegen des Nebels) nicht so aufgefallen. Grundsätzlich wird jedoch auch hier deutlich, wie wenig Bewusstsein die Indonesier für ihre Umwelt haben. Die Gegend um den Mount Rinjani ist ein Nationalpark und trotzdem liegt überall Müll herum, sogar am Seeufer und darin. Trotzdem muss ich einfach reinspringen und mich ein bisschen in dem kalten Wasser abkühlen und den Staub und Schweiß der letzten Tage abwaschen. Nach dem köstlichen Mittagessen (frisches Gemüsecurry mit Reis) kommt das heimliche Highlight des Tages: die heißen vulkanischen Quellen Aik Kalak unweit des Sees. Die meisten Gruppen sind nach dem Frühstück etwas geschrumpft, es gibt wohl viele, die nach der Besteigung des Gipfels abbrechen und direkt wieder absteigen obwohl sie ursprünglich 3 Tage gebucht haben. Die meisten Gruppen verbringen die zweite Nacht auch nicht am See sondern steigen auf der anderen Seite des Kraters zum zweiten "Kratercamp" wieder auf und sind schon weiter gezogen, und so sind wir ganz alleine hier. Das Wasser ist milchig braun und wunderbar warm. Ein kleiner Wasserfall ergiesst sich in mehrere Becken in denen man komfortabel auf moosigen Steinen sitzen kann und die Muskeln entspannen. Das in der Gegend ansässige Sasak-Volk glaubt an die heilende Kraft des Wassers und fertigt Medikamente daraus und außerdem soll es den Alterungsprozess aufhalten. Es sprechen also tausende Gründe für ein Bad. Allerdings ist vor einer Woche auch ein malaysischer Wanderer darin umgekommen, er war wohl auf Grund eines Kreislaufkollapses untergegangen und wurde erst Stunden später tot geborgen als sein Körper wieder an die Oberfläche getrieben wurde. Wir relaxen noch ein bisschen am Seeufer und gehen erneut früh schlafen da wir um 03.30 Uhr aufstehen werden um den Krater wieder hochzusteigen. Außer uns campiert nur eine andere Gruppe hier unten am Seeufer und Ruben kocht mal wieder köstliches Hühnchen mit Reis und Gemüse und serviert uns dazu einen selbst geangelten Fisch aus dem See.

Leider beginnt der nächste Tag mal wieder mit der Ernüchterung, dass unser Guide echt eine Schnarchnase ist. Wir wecken ihn um 03.45 Uhr da er verpennt hat und er trödelt noch bis 05.15 Uhr rum bis wir endlich mal losgehen. Ich bin ziemlich stinkig, da wir eigentlich um vier loslaufen wollten und selbst gerne länger geschlafen hätten. Nachdem ich ihm das auch deutlich gesagt habe, ist er beleidigt und redet den restlichen Vormittag nicht mehr mit uns. Da wir aber sowieso keine Lust mehr auf ihn haben stört uns das nicht und mal wieder findet sich der Weg alleine. Nach erneut etwa 600 Höhenmetern Aufstieg und rund zweieinhalb Stunden erreichen wir den Kraterrand auf der anderen Seite, wo wir nach kurzer Pause wieder absteigen, da der Abstieg nach Senaru noch einmal etwa 4-5 Stunden dauern wird. Zwischendurch gibt es nochmal gebratene Nudeln mit Ei und wir adoptieren Max aus Wetzlar, dessen Gruppe aus zwei übergewichtigen Russen, zwei weiß geschminkten Chinesinnen und einer fußkranken Italienerin ihn völlig frustriert, da sie viel zu langsam vorankommen. Max hatte einen richtigen Guide und gibt uns ein paar Informationen, die wir noch nicht kannten. Er erzählt uns zum Beispiel, dass der Nationalpark und der Vulkan eigentlich wegen der Eruption des Rinjani vor wenigen Wochen gesperrt sind. Normalerweise wären an mehreren Punkten Ranger" stationiert, die für Sicherheit beim Bergsteigen sorgen sollen und sich um den Park kümmern. Allerdings ist der Zugang zum Park immernoch ungehindert möglich, sodass sich wohl keine Trekkingagentur darum schert. Wir steigen also zu dritt ab, manchmal sogar zu viert, Wadis Laune steigt gegen Ende des Trips und er wird richtig gesprächig. Der Abstieg ist nur anfangs steil und rutschig und wird immer angenehmer, geht dann durch dichten schattenspendendem Wald mit vielen "natürlichen Stufen" aus Wurzeln und über weichen Lehmboden. So erreichen wir recht zügig gegen 13.30 Uhr unseren Endpunkt wo wir Ruben mit einem saftigen Trinkgeld noch ein strahlendes Lächeln ins Gesicht zaubern und schließlich sogar mit Wadi halbwegs versöhnt auseinandergehen. Unser Programm beinhaltet noch den Weitertransport zu unserem nächsten Reiseziel Gili Terawangan, wo wir es uns nach dieser Wanderung erstmal ein paar Tage gutgehen lassen wollen. Wir haben's geschafft und sind mächtig stolz! Aber auch mehr als fertig...


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