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Published: January 26th 2015
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Wie schon vermutet war die Internetverbindung im westlichen Myanmar so langsam, dass ich es schnell aufgegeben habe, noch einen Blogeintrag zu verschicken. Inzwischen sind wir wohlbehalten wieder zu Hause eingetroffen. Aber die letzte Woche Abenteuer möchte ich euch nicht vorenthalten.
Tag 15:
Flug Yangon - Sittwe, halbe Stunde Verspätung, sitzen mal wieder im unterkühlten Domestic Terminal und sitzen und sitzen. Angeblich wegen verspätetem Abflug am vorangegangenen Ort, wahrscheinlich Heho. Das heißt unsere Ankunft in Sittwe wird sich verspäten und bei einer zu erwartenden Dauer der anschließenden Bootsfahrt werden wir erst im Dunkeln, Stockdunkeln, in Mrauk U ankommen. Auch mal spannend.
Sittwe Hafen: Was für abgewrackte Pötte da rumlagen. Auf einen steuerten wir dann auch zu. War aber nicht unser Boot, sondern wir mussten nur über eine schmale Planke drauf und drüber steigen und dann noch über ein zweites kleineres Boot. Es stand schon ein Tisch bereit mit Wasserflaschen, einem Teller Bananen, 3-Mix Kaffee (sprich Instant Kaffeepulver + Milchpulver + Zucker- Gemisch) und einer Thermoskanne heißem Wasser. Unten standen Plastikstühle, aber an Oberdeck, bzw. auf dem Dach - es gab nämlich kein Geländer - befanden sich noch mal drei Holzsessel, die erstaunlich bequem waren. So konnten wir oben im
Sonnenschein sitzen, wenn auch wegen des Fahrtwinds wärmstens eingepackt.
Landschaftlich mal wieder völlig anders als ich es mir vorgestellt hatte. Das "mysteriöse", "geheimnisvolle" Mrauk Oo, das man auf einem Boot flussaufwärts erreicht, klang für mich sehr dschungelig, ein bisschen wie ich mir den Amazonas vorstelle oder das Setting für Joseph Conrads Novelle "Herz der Finsternis", nämlich den Kongo. Mrauk Oo soll auch Rudyard Kipling zum Dschungelbuch inspiriert haben, na also. Der Kaladan Fluss ist aber ewig breit und die Ufer flach, es stehen ein paar Wasserbüffel herum und es fischen ein paar Fischer, aber ansonsten reiht sich Reisfeld an Reisfeld. Und das sieht man dann Stunde um Stunde. Näher an Mrauk Oo dran wird es etwas hügeliger, aber vegetationsmäßig ändert sich nichts.
Orientierungslos fahren wir im Finstern zu unserem Hotel. Abendbrot im Hotelrestaurant: Bahnhofshallenatmosphäre, 5 Angestellte drängen sich in einer Ecke, gebannt auf den riesigen an der Wand hängenden Fernsehbildschirm starrend; offensichtlich eine Arztserie mit Horrortouch; Kachelfussboden, Stimmen und Geräusche hallen; mittelbraun glänzende Holztische ohne jegliche Dekoration; dämmeriges Neonlicht;
Tag 16:
Morgens der Kothaung Tempel. 90 000 Buddhafiguren soll er enthalten. König Mong Tikkha wollte damit seinen Vater übertreffen, der im Shittaung Tempel, den
wir nachmittags besuchten, 80 000 Abbildungen untergebracht hatte. Keine Ahnung, ob es wirklich so viele sein könnten, aber interessant waren beide Besichtigungen trotzdem, da die Tempel so völlig anders aufgebaut sind als alles, was wir vorher gesehen hatten. Sie sind auf verschiedenen Ebenen angelegt und man bewegt sich in langen, von Buddhafiguren gesäumten Wandelgängen im Kreis herum. Heutzutage sind die tunnelartigen Wege mit Neonlicht beleuchtet, das manchmal auch ausfallen soll, früher waren es Öllämpchen.
Eigentlich sollten wir wohl von Tempel zu Tempel gefahren werden, was völliger Blödsinn war, denn alles war wunderbar zu Fuß zu machen. Wir insistierten dann, zu laufen. Und das Auto fuhr immer hinter uns her.
Viele, viele Kinder gibt es in Mrauk Oo und umzu. Alle sind guter Dinge und rufen fröhlich "Bye Bye", wenn sie uns sehen. Da sie uns dabei zuwinken oder auch entgegen laufen, nehmen wir an, dass sie nicht "Haut bloß schnell wieder ab" meinen sondern eigentlich "Hello".
Die Menschen hier nutzen noch stärker die Thanaka Paste. Sie wird in einem Merianheft von 2004 als ein kosmetisches Allzweckmittel beschrieben: "Sie schützt vor der Sonne, kühlt, duftet angenehm, hält die Haut geschmeidig, desinfiziert - und sieht in feiner Zeichnung wunderhübsch
aus. Gewonnen wird das typisch burmesische Make-up aus der Weichen Außenrinde des Thanaka-Baums, der in den zentralen Regionen des Landes wächst. Sie wird mit ein wenig Wasser am Schleifstein gemahlen, es gibt aber auch fertiges Puder zu kaufen."
Tag 17:
Erst etwa 20 Minuten mit dem Auto, dann Fahrt mit einem kleinen Bootchen 3 Stunden flussaufwärts, Ziel 2 Dörfer der Chin Ethnie. Die Chin sind dafür bekannt, dass die alten Frauen Gesichtstätowierungen haben. Das ist keine althergebrachte Tradition sondern während des Zweiten Weltkriegs entstanden. Besonders hübschen jungen Frauen wurden die Gesichter tätowiert, um sie durch diese "Entstellung" vor den Japanern zu schützen, die sie sonst entführt und vergewaltigt hätten. General Ne Win hat den Brauch Anfang der 60er Jahre verboten, so dass es nur noch wenige dieser Frauen gibt, die sich inzwischen auch gut vermarkten. Sie begrüßen einen freundlich mit Händeschütteln, man bekommt einen Tee serviert und Bananen zu essen, es wird etwas über das Dorf erzählt, was unser Guide mehr schlecht als recht übersetzt, und den Wunsch, eine Schule und ein kleines Kloster zu bauen. So kommt man gar nicht umhin als sich angesprochen zu fühlen, eine Spende zu hinterlassen.
Die Tätowierung dauerte 3
1/2 Tage und wurde von einem "Lehrer" mit einer Nadel durchgeführt. In die Wunden wurde eine Mischung aus Hühnerkot, Asche und dem Saft aus irgendwelchen Blättern gerieben.
Tag 18:
Ausflug nach Dhanyawady und Vesali, Zentren des Rakhine Reiches vor Mrauk Oo. Noch zwei, drei Pagoden. Unterwegs werden wir noch einmal Zeugen des Straßenbaus auf Burmesisch. Hauptsächlich sind es Frauen, die am Straßenrand mit schweren Hämmern große Steine zu Schotter zertrümmern, diesen in rechteckige Plastikeimer füllen, welche sie dann auf den Kopf schwingen und zum gerade zu bearbeitenden Streckenabschnitt tragen. Dort werden die Steine ausgekippt, per Hand verlegt, ggf. nochmals mit einem Hämmerchen passend zerkleinert. Die einzige Maschine, die verwendet wird, ist eine Walze. Wobei es wohl auch eine Teermaschine geben muss. Die Maschinen werden übrigens in der Regel von Männern bedient.
Abends unternehmen wir noch mal einen Spaziergang durch die Pagodenlandschaft, ohne Guide und ohne Auto, und genießen die Dorfatmosphäre. Mönche unter braunen Sonnenschirmen; Kinder mit aus Bambus und Holzstückchen selbstgebastelten Autos; Frauen, die silberglänzende Blechkrüge auf den Köpfen balancieren, auf dem Weg zum Brunnen; ein Ehepaar, dass den auf langen blauen Plastikplanen zum Trocknen ausgelegten Reis zusammenrecht und in Säcke füllt; eine Gruppe junger
Männer mit einem Rattanball Chinlon spielend; ein Bauer, der seine Herde Rinder langsam über die abgeernteten Felder treibt; eine Nonne in ihrer rosa Tracht auf dem Weg zurück in ihr Kloster ...
Merian Heft "Myanmar" 2004: Selig, wer ein Mann wird
"Burmas Nonnen meditieren und fasten wie die Mönche, und doch sind ihre Entbehrungen weniger wert. Denn Frauen, so der Volksglaube, können nicht zur Erleuchtung gelangen. Das Ziel der Klosterjahre ist deshalb eine Wiedergeburt als Mann.
"Er (Buddha) lehrte nicht, das Frauen einen niederen Status haben," sagt die Nonne Ma Singasiri. Ihre Eltern aber sind überzeugt, ein Sohn in der Adobe würde mehr gutes Karma erwerben."
Tag 19:
Rückfahrt; Aufbruch 5 Uhr, es ist bitterkalt und stockdunkel; der Kapitän warnt andere Boote durch das Anschlagen einer Glocke, der Schiffsjunge schwenkt den Strahl einer Taschenlampe von links nach rechts übers Wasser. Dick eingepackt nicken wir noch etwas vor uns hin, bis irgendwann die Sonne aufgeht und wir uns langsam wieder entblättern.
Tag 20/21: Strand! Ngapali Beach. Vor mich aufs Wasser starren, über mich in die Palmen starren, lange Strandspaziergänge, Baden im kristallklaren Wasser, frische Mangos, Ananas, kleine süße Bananen von den freundlichen Strandverkäuferinnen,
Sonnenuntergänge. Nach Hause.
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