Tamatave - Miandrivazo


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Madagascar's flag
Africa » Madagascar
July 10th 2012
Published: July 10th 2012
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23.6.
Um 6Uhr stehen wir an der Gare Routière, unser Taxi-Brousse ist fast abfahrbereit. Es dauert eine Stunde bis auch noch die letzten Plätze verkauft sind, dann geht's endlich los. Wir haben genügend Proviant und Täfeli eingekauft und die Kids mental auf die zehnstündige Fahrt vorbereitet, so dass die Reise erstaunlich ruhig verläuft. Der Fahrer fährt forsch aber vernünftig, es regnet zwischendurch und wird deshalb nicht allzu heiss. Wieder sehen wir mehrere verunfallte Laster, wieder werden wir von Unheil verschont. Die Kinder schlafen viel, zitieren irgendwelche TV-Serien und Youtube-Shows und vertreiben sich die Zeit sonstwie. Wir lassen die Landschaft an uns vorbeiziehen, freuen uns einmal mehr ab der Vielfalt und den vielen lachenden Gesichtern. Und wir staunen nicht schlecht: an ausnahmslos jeder noch so schiefen Lotterhütte prangt eine Fahne, denn in drei Tagen feiert das Land den Tag der Unabhängigkeit. Es mag den Leuten schlecht gehen, die politische und ökonomische Krise macht den meisten zu schaffen, aber sie sind stolz auf ihr Madagaskar! So vergehen die Stunden schnell, trotzdem sind wir alle erleichtert, als wir in Tana ankommen. Ein gesprächiger Taxifahrer bingt uns mit seiner uralten Citrone zum Anjary Hotel, mit einem Zwischenhalt zum Tanken – er verlangt Benzin für 3000 Ariary, das gibt sagenhafte 0,93l. Fürs Abendessen gehen wir wiederum zum Inder im obersten Stock des Hotels, man kennt uns noch vom letzten Mal. Wir sind uns nicht sicher, ob das ein Kompliment ist...

24.6.
Die heutige Fahrt dauert nur drei Stunden und führt uns nach Antsirabe im Süden von Tana. Es geht stetig bergauf, die Stadt liegt auf 1500m und ist bekannt für ihr kühles Klima. Es kann sogar gefrieren! Kein Wunder haben sich die norwegischen Missionare hier wohlgefühlt, die Rue Stavanger zeugt noch von dieser Zeit. Für den Transfer vom Busbahnhof zum Hotel sind auch hier Pousse-Pousses zuständig, allerdings die ursprüngliche Variante: einachsige Karren, von Männern im Laufschritt gezogen. Es fühlt sich etwas seltsam an, ausbeuterisch, und uns ist nicht so recht wohl dabei. Die Poussiers scheinen dieses Unbehagen von Touristen zu kennen, sie erklären uns ungefragt, dass das ihre Arbeit sei und sie froh um jeden Verdienst seien. Als wir dann sehen wie selbstverständlich sich die Einheimischen herumfahren lassen, oft mitsamt Kind und Kegel, beruhigt sich unser schlechtes Gewissen. Ein paar hoffnungsfrohe Guides begleiten uns und bieten ihre Dienste an für die Flusstour auf dem Tsiribinah und der Wanderung im Unesco World Heritage Park, den beiden grossen Touristenattraktionen in dieser Gegend. Als wir später dem Patron unseres Hotels, einem Elsässer, davon erzählen, rät der uns dringend davon ab, uns mit einem Einheimischen Führer einzulassen. „Les Malgaches“ seien alles Diebe und Lügner, die würden uns nur betrügen, ihre Schiffe seien Lotterkähne und die Autos pannenanfällige Schrottkarren, sie würden uns minderwertiges Essen zubereiten um Geld zu sparen etc. Wir lassen uns etwas verunsichern ob soviel Misstrauen von jemandem, der seit Jahren hier lebt, und willigen deshalb ein, uns das Angebot seines Freundes anzusehen, der die Tour ebenfalls durchführt. Besagter Freund ist Franzose, etwa 60 Jahre alt und ebenfalls Malagassen-Hasser. Sein Preis erscheint uns ziemlich hoch, und wir sind etwas enttäuscht, dass er uns nicht in den Nationalpark bringen will weil das zu anstrengend für uns sei. Unser Stolz als Schweizer Bergwanderer ist gekränkt, zudem sind uns die beiden langsam unsympathisch. Wir sind jetzt seit drei Wochen in Madagaskar und haben die Einheimischen durchwegs als gastfreundliche, hilfsbereite und liebenswürdige Menschen erlebt. Klar muss man aufpassen, klar machen sie gerne ein Geschäftli und klar gibt es auch schwarze Schafe – aber so schlimm wie es die beiden darstellen, kann es fast nicht sein. Wir bedingen uns Bedenkzeit aus und suchen doch noch einen der Guides vom Busbahnhof auf. Er heisst Patrick, ist ein netter junger Mann, spricht gut französisch und ein etwas schwer verständliches Englisch, wirkt seriös und verlangt einen Viertel dessen, was der Franzose als „realistischen und qualitätssichernden“ Preis nannte. Vielleicht sind wir naiv, aber wir nehmen das Risiko auf uns, vertrauen unserem Bauchgefühl und engagieren Patrick. Morgen geht's los. Wir teilen unser Gepäck auf, aller unnötiger Ballast – inkl. Schulsachen, zur Freude der Kinder – bleibt hier.

25.6.
Der Elsässer mokiert sich über das Taxi-Brousse, das uns gegen Mittag abholt – sein Freund hätte einen viel neueren, bequemeren Wagen. Uns ist das egal, es ist zweckmässig, es soll uns nur samt unserem Gepäck, Wasser und Proviant für die nächsten sieben Tage sowie einer kompletten Campingausrüstung nach Miandrivazo am Fluss bringen. Patrick bringt noch seine Kollegin Rinah mit, sie möchte deutsch lernen und ebenfalls Guide werden und wir sind sozusagen ihre Versuchsklienten. E freundet sich sofort mit ihr an. Die Fahrt gegen Westen ist spannend, es wird langsam wärmer, die Landschaft verwandelt sich von grün zu gelb, von Reisfeldern zu kargen Hügeln. Die stattlichen, mehrgeschossigen Lehmhäuser verschwinden, man sieht nur noch Holzhütten mit breiten Vordächern. Jede Region scheint ihre eigene, typische Bauart zu haben – wie in der Schweiz. Gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Miandrivazo. Wir übernachten hier nochmals in einem Hotel, einer einfachen Herberge mit durchgelegenen Matratzen und löchrigen Moskitonetzen. Eigentlich bin ich froh, dass die Kinder das auch wieder mal erleben, wir haben uns auf dieser Reise im Gegensatz zu den früheren mehrheitlich bessere Unterkünfte geleistet – wir werden halt älter und bequemer... Nach dem Znacht (Zebusteak zum hundertsten) stürzen wir uns ins dörfliche Nachtleben: es ist der Vorabend des Unabhängigkeitstags, auf dem nahen Dorfplatz ertönen traditionelle Trommeln und Flöten, eine Menschenmenge umringt eine Gruppe junger Männer, die mit nacktem Oberkörper in einer Art Boxkampf ihre Kräfte messen. Kinder schwenken Lampions und farbige Leuchtstäbe und es herrscht ein ohrenbetäubender Lärm. Unseren Kids wird es bald zu viel, sie sind erschöpft von der Busfahrt, wir verziehen uns in unser Zimmer. Bis Ruhe einkehrt und wir schlafen können dauert es allerdings noch lange...


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