Erster Eintrag aus Monrovia


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Liberia's flag
Africa » Liberia
July 8th 2009
Published: July 8th 2009
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Dienstag, 7. 7.09
Hier nun nach fast zwei wochen nochmal eine meldung von mir!
Es lief zwar nicht immer alles wie geplant, aber im grossen und ganzen hat es geklappt: ich bin seit gestern morgen in Monrovia!
Es ist unglaublich, ich konnte in ganz Guinea ausserhalb von Conakry kein funktionierendes internet finden: entweder es gab kein internet-café, oder es gab keinen strom, oder keine verbindung oder sonst irgendwas.
Mit meinem liberianischen Visum in Conakry hat alles geklappt, Freitag nachmittag konnte ich den Pass abholen. Der Botschafts-angestellte war freundlich und hilfsbereit, und hatte mir wie versprochen ein zweimonatiges Visum ausgestellt. An der Grenze habe ich trotzdem nur eines fuer 15 tage bekommen, d.h. ich muss die naechsten tage zum immigration office laufen, um das Visum verlaengern zu lassen! Conakry war ansonsten eher ereignislos, ich war nur einmal kurz in der stadt (als ich meinen letzten Eintrag gepostet habe), und dieser Besuch wurde vom Regen weitestgehend zunichte gemacht der angefangen hatte, waehrend ich noch im Internetcafe sass. Der Regen war selbst fuer afrikanische Verhaeltnisse stark, und innerhalb von wenigen Minuten waren die Strassen komplett ueberflutet. Aber es war interessant zu sehen, wie die Menschen sich mit dem Regen arrangiert haben: Die einen fangen ploetzlich an Regenschirme zu verkaufen, andere begleiten Menschen mit ihren Regenschirmen, wieder andere tragen die leute die nicht wollen dass ihre Schuhe nass werden ueber die Strasse. Mein Couchsurfing-Host und ich haben alle diese Dienstleistungen ausgelassen, stattdessen haben wir uns von einem anderen ein Taxi ranwinken lassen, waehrend wir selber noch 10Sekunden laenger unter dem schuetzenden Vordach gestanden haben Der Regen als Chance… Meine Schuhe waren dann uebrigens komplett nass, auf dem Weg zum Taxi musste ich zwei Schritte durch knoecheltiefes Wasser. Leider waren die Schuhe nicht das einzige, was nass geworden ist: Das Zimmer wo ich uebernachtet habe lag auf der Regenseite und die Fenster waren undicht. Zum Glueck sind keine wichtigen Sachen nassgeworden, dafuer das meiste andere. Die letzten Buecher sind immer noch ein klein wenig feucht…
Guinea ist selbst im vergleich mit anderen westafrikanischen laendern arm, und das obwohl das land relativ viele bodenschaetze hat und nahezu unbegrenztes potential fuer Landwirtschaft. Allerdings wurde das Land die letzten Jahrzehnte kontinuierlich von Politikern zugrunde gerichtet, die sich lieber erstmal selber versorgt haben. Wie bereits erwaehnt ist das ganze ein Militaerstaat, und seit der Unabhaengigkeit 1959 gab es ganze drei Praesidenten, von denen zwei jeweils ueber 20 Jahre an der Macht waren (demokratische Wahlen? Fehlanzeige). Der jetzige Praesident, ein ehemaliger General, hat sich Ende letzen Jahres nach dem Tod des alten Praesidenten an die Macht geputscht und verspricht seitdem Wahlen, auch wenn die wenigsten Leute glauben, dass dies so ablaeuft wie versprochen. Im oeffentlichen Leben aeussert sich der oekonomische Verfall unter anderem in einer kaum vorhandenen Energieversorgung, und es gibt selbst in der Hauptstadt nur sporadisch Strom. Waehrend in Togo jedoch dann das ganze Leben stillsteht, haben die Menschen in Guinea sich mit dieser Situation arrangiert. Jeder der auf Strom angewiesen ist hat seinen eigenen Generator, und wie auch beim Regen wird dies als Chance genutzt; so gibt es zum Beispiel ueberall kleine Buden (dessen Besitzer einen Generator haben), wo man fuer einen geringen Betrag sein Handy aufladen kann. Insgesamt interessant zu sehen, wie trotz nicht vorhandenem Strom das Alltagsleben weiterlaeuft, auf der anderen Seite auch ein bisschen traurig, dass die Guineaner sich mit dieser Situation als Dauerzustand abgefunden haben - aber es bleibt ihnen wohl keine andere Wahl.
Von Conakry aus bin ich in knapp einer Woche einmal quer durchs Land nach Nzerekore (toller Name!) gefahren, eine Provinzstadt im Sueden des Landes nahe der liberianischen und ivorischen Grenze, wo ich letzte Woche Donnerstag angekommen bin. Und das ausnahmsweise mal nicht wie meist sonst nachts, sondern nachmittags. Auch wenn auch diese Fahrt mehrere Stunden laenger gedauert hat als geplant, da irgendwann der Kuehler nicht mehr wollte und mehrere Versuche gestartet wurden, um ihn zu reparieren. Diese Versuche waren erfolglos, aber zum Glueck waren wir irgendwann einfach da.
Ich hatte vor, Samstag morgen weiter nach Monrovia zu fahren, so dass ich Samstag abend da bin. In dem ‘Hotel’ wo ich war, habe ich unerwarteterweise einen anderen Traveller getroffen, eine japanische Studentin die durch ganz Westafrika reist und auf der Weiterreise nach Cote d’Ivoire war. Da das mit dem Internet nicht funktionierte und in der Stadt sonst auch nicht wirklich viel zu tun war, hatten wir beschlossen freitags mit dem Moto-Taxi zu dem einzigen teuren Hotel der Stadt zu fahren, um dort ein bisschen am und im Pool zu chillen. Aber nein, ging natuerlich nicht, weil der Pool saubergemacht werden musste. (was nicht ging weil es mal wieder keinen Strom gab!). Dementsprechend stieg meine Laune im Laufe des nachmittages, am naechsten morgen endlich weiterfahren zu koennen. Aber selbst das sollte nicht sein. Als wir am fruehen Freitag abend zur Bus/Taxistation gingen um nachzufragen wann genau es am Samstag Taxis gibt, wurde und gesagt dass es leider den ganzen Tag keine gibt, nirgendwo hin. Das war sehr irritierend, da es sonst in Westafrika immer und ueberall Transportmoeglichkeiten gibt. Die Nachfrage bei dem Hotelbesitzer ergab: der Praesident kommt! Ja genau, der geputschte General. Dieser wollte seinen Antrittsbesuch in seiner ehemaligen Heimatstadt machen und deshalb stand dort den Tag ueber das komplette oeffentliche Leben still. Ob der Praesident nun wirklich da war, oder ob er doch in Conakry geblieben ist - ich weiss es nicht und die meisten Leute in Nzerekore wahrscheinlich auch nicht, es gab widerspruechliche Informationen. Falls er da war, dann auf jeden Fall gut beschuetzt und nicht grosse Paraden fahrend, er hat wohl in der Bevoelkerung (und vor allem in der Stadt) keinen besonders grossen Rueckhalt.
Mir blieb nichts anderes uebrig, als noch einen weiteren Tag dort zu bleiben, um dann Sonntag morgen endlich nach Monrovia aufzubrechen. Nzerekore und Monrovia trennen keine 300km, und ich hatte gelesen dass die strasse in Liberia (3/4 des Weges) die beste im ganzen Land waere. Deshalb hatte ich mit einer Reisezeit von ca. 8 Stunden und eine Ankunft am spaeten Nachmittag gerechnet, doch es sollte anders kommen. Es wurden 21 Stunden, auch wenn die reine Fahrzeit bestimmt nur die Haelfe dessen betrug. Die andere Haelfte wurde gewartet, angestanden, kontrolliert; erst in Guinea und dann sehr intensiv in Liberia.
Der Unterschied zwischen der guineanischen und liberianischen Grenze haette grosser nicht sein koennen. Auf der guineanischen Seite wird man von arroganten und unfreundlichen Soldaten mit Sonnenbrille und Zigarette erwartet, auf der liberianischen Seite kann man die Grenzbeamten kaum vom Rest der Leute an der Grenze unterscheiden: es ist das einzige Land was ich kenne, in dem es keine Uniformen gibt! Beziehungsweise es gibt sie schon, aber nur ganz weniger und nicht an der Grenze. Stattdessen waren die meisten Beamten mit bunten Hemden unterwegs, oder mit dem, wo sie sonst gerade Lust drauf hatten. Ich kann mir gut vorstellen dass dies ein Teil eines groesseren Programms ist, um Bevoelkerung und Autoritaeten nach so vielen Jahren Konflikt wieder aneinander zu gewoehnen. Die einzigen Waffen die ich bis jetzt gesehen habe wurden von zwei aus Bangladesch stammenden UN-Soldaten getragen, in riesigem Kontrast zu Guinea.
Buerokratisch ist das ganze trotzdem, und leider waren wir mit einem Minibus mit guineanischem Nummernschild unterwegs, was nicht unbedingt dafuer gesorgt hat, dass das ganze schneller ging. Erst mehrere Stunden warten an der Grenze, und dann laengere Zeit an verschiedenen Checkpoints. Es wurde spaeter, und spaeter, und spaeter….bis es schliesslich drei Uhr nachts war und wir kurz vor Monrovia waren. Leider werden die Zugangsstrassen um drei Uhr ‘dichtgemacht’, und wir mussten bis um sechs uhr morgens warten. Was wahrscheinlich im Endeffekt immer noch besser war als nachts um drei anzukommen und dann mitten in der Nacht eine Unterkunft zu suchen. Den Schlaf habe ich dann gestern morgen nachgeholt. Es war zwar offiziell mein erster Praktikumstag, aber ging nicht anders.
Heute morgen ist mich der Chef von der Organisation in meinem Zimmer das ich fuer die eine Nacht genommen hatte besuchen bekommen, und hat spaeter jemand anderen vorbeigeschickt, der mich zu dem Buero begleitet hat. Der Chef scheint hier in Liberia relativ bekannt zu sein, und wenn ich seinen Namen erwaehne wissen die Leute meistens Bescheid. Das hat glaube ich schon in der liberianischen Botschaft in Conakry geholfen dqs ganze etwas schneller zu machen, und wird auch hoffentlich bei der Visum-Verlaengerung hilfreich sein. Jetzt sitze ich gerade in dem Buero von meiner Orga, wo es schnelle Computer, aber zur Zeit kein Internet gibt, da der Router nicht funktioniert. Der Chef ist den ganzen Tag auf einem Lehrgang (den er glaube ich leitet), und was die anderen hier machen werde ich bald rausfinden, bis jetzt wahr es nicht sehr viel. Aber das Buero ist vergleichsweise schick und gut ausgestattet, und liegt mitten in Monrovia. Und was meine Aufgaben hier sind…das wird sich wohl in den naechsten Tagen zeigen! Aber ueberarbeiten werde ich mich, so wie es momentan aussieht, eher weniger.

Mehr ueber meine Arbeit und ueber Monrovia selbst kommt im naechsten Eintrag, wenn ich ein bisschen mehr Zeit gehabt habe um mich in der Stadt umzuschauen.


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