Advertisement
Published: April 7th 2012
Edit Blog Post
So, endlich wieder Internet das funktioniert. Wir sind zwar inzwischen in Patagonien, doch hier erst noch zu Kolumbien:
Nach Cartagena und Tolu an der Küste sind wir auf ein kleines Inselchen, namens Múcura im Archipel San Bernardo gereist. Eine echte Kokos-Insel! Weisser Strand und ein Kokospalmenwald. Wie so üblich, wenn ansonsten keine andere Touristen auf der Insel sind, streiten sich die Leute um die wenigen Touri-Pesos. Wir waren kaum von Bord haben sich bereits einige Jungs gestritten wer uns begleiten darf. Uns war das egal, da die Insel so klein ist, dass man sich nicht verirren kann. Schliesslich hat Carlos sich durchgesetzt und uns versichert, dass wir nun einen neuen Freund hätten... "Muy buena honda!" meinte er. Durch Mangroven- und Palmenwälder erreichten wir die Westseite der Insel und fanden Unterschlupf in einem Hüttchen mit Palmblätterdach direkt über dem Meer. Hier liess es sich einige Tage aushalten mit Hängematte, Strand und sonst nichts. Strom gab es für eine Stunde am Abend und ab 8pm gingen die Lichter aus. Da muss man sich erst noch dran gewöhnen in einer dunklen Hütte zu liegen, welche keine Fenster hat und die straffe "Brisa del Norte" so durch unser Schlafgemach weht, während mehr oder weniger
direkt neben dem Kopfkissen die Brandung rauscht. Umso schöner ist es morgens die Augen zu öffnen und durch die Palmplätter das türkisfarbene Wasser zu sehen. Essen wurde dort auch für uns gekocht und wir konnten wählen was wir wollten, solange es Fisch mit Reis war. Kokosreis ist unvergesslich. Fliessendes Wasser war hier auch eher die Ausnahme: Ich hatte die Haare gerade voller Schampoo als das Wasser ausging. Aber der Chef wusste Abhilfe und stellte mir ein Fass mit "sauberem" Wasser hin (ausser zwei halbtoten Gekkos die darin schwammen war es das vermutlich auch mal gewesen). Wir verbrachten unsere Tage mit süssem Nichtstun, lesen und einem gelegentlichen "Coco loco". Ab und zu kam Carlos vorbei und wir plauderten und er sagte "Muy buena honda!" Einmal haben wir einen Schnorcheltripp gebucht, doch das ist mir nach kurzer Zeit vergangen, als ich mit ansehen musste, wie unser Guide auf den Korallen herumtrampelte, überall herumstocherte und jedes Viech das er finden konnte mit seinem rostigen Haken an die Oberfläche holte um es uns zu zeigen. Das ist wohl der einzige Wehrmutstropfen in diesem Paradis: Die lokalen Leute scheinen sich keinen Dreck um ihre Umwelt zu scheren. Ein grosser Teil der Korallen sind tot und
alles, aber auch alles wird einfach ins Meer geworfen. Ich als verwöhnter Westler versuchte krampfhaft mir kein Urteil anzumassen, aber irgendwie wollte mir das nicht gelingen. Aber eben - ich muss auch nicht unter deren Umständen leben.
Zurück in Tolú ging es weiter ins Landesinnere nach Mompox. Sechs Verkehrsmittel waren nötig: Bicitaxi zum Busterminal, Bus nach Sincelejo, Taxi an die andere Seite der Stadt, Taxi Colectivo nach Magangué, Boot nach Bodega, und noch ein Taxi Colectivo waren nötig und schon waren wir in Mompox, eine Stadt aus einer anderen Zeit. Frauen auf Eseln zu Fuss oder Fahrrädern verkaufen ihre Produkte indem sie durch die Strassen reiten, gehen oder radeln und halb schreiend halb singend ihre Produkte (Brot, Fisch aus dem Fluss etc.) anpreisen. Ausser der Hitze eine sehr angenehme Stadt. Sie liegt in einem Sumpfgebiet am Rio Magdalena. Sumpfige Feuchte und 42 Grad waren eher viel für mich, was mein Aktivitätsnivau ziemlich tief hielt. Aber wenn das Bier in der "Bar" neben unserem Hostal 60 Rappen kostet und kalt ist, ist dies nicht so schlimm. - Per Boot haben wir noch ein anderes Dorf flussabwärts besucht. So, aber genau so, wie das Dorf "Macondo" in Gabriel García Márquez' "Hundert
Jahre Einsamkeit". Fischen, Landbau, Hitze und Überschwemmungen. Vor einem Jahr hat der Rio Magdalena das Dorf überschwemmt, viele der Schäden sind noch nicht behoben. Ob denn die Regierung nicht helfe, fragte ich naiv. "Die Regierung? Haha!" war die Antwort.
Da wir wegen der Hitze nicht besonders viel Unternehmenslust an den Tag legten, haben wir uns mit unserem weiteren Aufenthalt in Kolumbien auseinandergesetzt. Eigentlich wollten wir nach Medellín (gem. Lonely Planet eine der sichersten Städte Lateinamerikas) und von dort die Zona Cafetera erkunden. Wir hatten uns schon beinahe entschieden, als ich auf einen Zeitungsartikel stiess, welcher beschrieb wie am Tag zuvor der öffentliche Verkehr von Gangs stillgelegt wurde (http://colombiareports.com/colombia-news/news/22527-medellin-gangs-bring-city-buses-to-standstill.html). Wir dachten, das dies wohl gerade schlechtes Timing sei und nahmen einen Flug via Bogotá direkt nach Pereira in der Zona Cafetera. Welch ein Kontrast diese Region: Angenehm frisch (Pereira wird auch die Stadt des ewigen Frühlings genannt), geschäftig und vor allem freundlich! An der Küste sind die Costeños typisch karibisch entspannt um nicht zu sagen desinteressiert und Touristen sind Portemonnaies mit Beinen. Die Antioqueños hier in den Bergen hingegen sind wie gesagt geschäftig und strahlen eine sehr warme Freundlichkeit aus. Wir schliefen auf einer Kaffee-Farm, sind durch Täler mit Wachspalmen
(bis 60m hoch) gewandert und haben viel über Kaffe gelernt und viel Kaffee getrunken. Der Kaffee hier wird von Hand gelesen und vor dem Rösten von Hand sortiert. Ja von Hand. Für eine Tasse Kaffee braucht es ca. 60 Bohnen und jede wird hier zweimal angefasst. Die Kaffeebauern, Tostadores und Barristas haben eine Leidenschaft für ihr Produkt, die mich tief beeindruckte. Auf der Kaffeefarm habe ich mit einem jungen Ami (welcher auch als Barrista gerabeitet hatte) diskutiert und er bezeichnete mich als "Coffee Snob". Doch ich musste feststellen, das "Banause" wohl treffender gewesen wäre. Ich dachte immer, dass saurer Kaffee schlechter Kaffee sei. Jedoch ist "sauer" eine von vier Grundaromen des Kaffees (neben bitter, süss und salzig). Und scheinbar ist der Kaffee, den ich mag, wie es ein Tostador nannte "zu tode geröstet".
Unterwegs in Kolumbien liest man viel über die FARC, doch erst im Gespräch mit den Leuten wird einem bewusst, was das für ein Terror gewesen sein muss und in einigen Regionen weiterhin ist. So erzählte uns Omar, der Führer auf unserem Ausflug ins Valle Carbonera, wie die FARC drei Familienmitglieder entführte und trotz bezahltem Lösegeld erschossen hatte. Oder wie sein Schwager (welcher auf einem abgelegenen Bauernhof
lebte) von der Farc gezwungen wurde, im Dorf Lebensmittel und verschiedene Gerätschaften zu beschaffen und dann dort vom Geheimdienst dafür bezichtigt wurde mit der FARC zusammenzuarbeiten (und das während die FARC auf seinem Bauernhof auf seine Frau und Kinder "aufpasste"..). Da kann man auch verstehen, dass seine Familie den Aufbau von Parmilitärs finanziell und ideell unterstützte, um die FARC zu bekämpfen. Diese Paramilitärs sind inzwischen aber auch in den Drogenhandel, Schmuggel etc. eingestiegen und machen den Kolumbianern das Leben schwer, wo es nur geht. Neben Schutzgelderpressung wird z.B. Schnapps gefälscht - das läuft folgendermassen: Die Gang vermietet (!) Einkaufwägelchen an arme Menschen, welche dann Schnapsflaschen in gutem Zustand aus dem Abfall fischen und diese der Gang übergeben. Diese füllt die Flaschen mit Methyl-Alkahol und rostigem Wasser ab und zwingt Bar-Besitzter diese zu kaufen.
Advertisement
Tot: 0.089s; Tpl: 0.013s; cc: 7; qc: 50; dbt: 0.053s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1;
; mem: 1.1mb