Geschlechterrollen


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October 8th 2012
Published: October 8th 2012
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Hier in Brasilien - wie vermutlich auch in allen anderen Ländern Südamerikas - fühlt man sich durchaus öfter mal in eine andere Zeit versetzt, eine Zeit, die ich selbst in Deutschland nicht miterlebt habe und nur aus Erzählungen kenne. Und das bezieht sich nicht nur auf Technologien oder Zustände von Gebäuden oder Straßen. Auch in den Köpfen scheint die Zeit hier bei vielen hinterherzuhinken.

Am Wochenende durfte ich das am eigenen Leib erfahren, nämlich in Form von Geschlechterrollen. Fast hab ich gedacht in wär in Pleasantville gelandet, aber dann ist mir aufgefallen, dass wir gar nicht schwarz-weiß sind und die Leute auch gar nicht so lustige Frisuren haben. Jedenfalls war meine Gastfamilie übers Wochenende mal wieder aufs Land gefahren, nur Paulo ist mit mir hier im Haus geblieben. Und da wurde ich tatsächlich zur Hausfrau gemacht. Meine Gastmama und -oma haben mich vorher schon drauf vorbereitet, dass ich mich schön um alles kümmern soll und immer fein zur rechten Zeit das Essen für mein Brüderchen fertig haben soll. Ein bisschen dachte ich, ich bin im falschen Film. Aber immerhin hat Oma für fast das ganze Wochenende vorgekocht, denn sonst wär das mit dem Essen ne mittelschwere Katastrophe geworden...

Ja und dann wars tatsächlich so, dass mein Bruderherz nichts im Haus alleine konnte (oder wollte...), es war schon zu kompliziert die übrig gebliebenen Bohnen für den nächsten Tag in eine Schachtel umzufüllen und in den Kühlschrank zu stellen :D Faszinierend. Zum Glück kamen abends immer Carol, ihr Mann und Guilherme her, dann hab ich was mit ihr zusammen gemacht. Aber auch da ist mir erstmal aufgefallen: beide gehen den ganzen Tag arbeiten, 6 Tage die Woche. Aber sie ist diejenige, die sich danach noch ums Essen und Saubermachen kümmern muss während er sich vor den Fernseher legt und döst. Na sowas würde ich mir ja nicht gefallen lassen. Aber diese Rollenverteilung ist hier wirklich noch fest in den Köpfen verankert. Das bekommt man auch bei Gesprächen von anderen Familienmitgliedern mit. Da wird den Mädchen von kleinauf eingebläut, dass sie immer schön Mama im Haushalt helfen sollen und kochen lernen sollen, weil sie doch sonst kein Mann will. Erschreckend. Aber das muss ich akzeptieren, ich weiß jetzt nur, dass ich nie nen Brasilianer heiraten werde^^

Im Übrigen war das Wochenende auch gar nicht schlimm, habe wie gesagt öfter was mit meiner Schwester gekocht oder aufgeräumt und wenn den ganzen Tag nur 1-2 Leute im Haus sind, entsteht ja auch nicht so viel Dreck und Chaos. Als heute alle nach Hause gekommen sind, hat meine Gastmama mir sogar gestanden, dass sie total froh sei, wie ordentlich ich alles gehalten hab und sie schon befürchtet hatte das Haus völlig verdreckt vorzufinden. Na immerhin hab ich meinen Job gut gemacht, fürs erste Mal als Hausfrau 😊

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9th October 2012

Nord-Süd
Witzigerweise, habe ich ich Steffi gerade erzählt, dass viele Paulistanos ganz schön unter der Fuchtel ihrer Freundin stehen und ganz schnell kuschen. Aufräumen und Kochen können sie vermutlich auch nicht, aber ein bisschen mehr Emanzipation herrscht hier schon. Krass, wie sich das so ändert von Nord nach Süd.

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