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Published: April 25th 2011
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Der Besuch im Johnson Space Center in Houston hat uns ja schon neugierig auf Cape Canaveral gemacht. Dazu kommt, dass der Start der Endeavor bevorsteht (nun verlegt auf 29. April, 15:47 Uhr). Vielleicht kann man ja einen Blick auf die Raumfähre am Startplatz erhaschen?
So fuhren wir also auf Merritt Island, einer der Ostküste vorgelagerten Insel, wo der ganze Komplex beheimatet ist. Erstes Problem: Wo bleiben wir über Nacht? Ein Walmart Supercenter gab es, aber das Übernachten ist nicht erlaubt. Kleiner Tipp am Rande: „Versucht es doch einfach mal in der Umgebung!“ Was wir dann auch taten. Nach ca. 3 Kilometern entdeckte ich ein uns sehr bekanntes Markenschild – Aldi! Sofort Stopp und erst einmal Shoppen gehen, war die Devise. Wir fanden dann auch die Lebensmittel-Versorgung für die nächsten beiden Tage und das zu besseren Preisen als in den großen Einkaufscentern. Dazu ein kurzer Schwatz mit der Kassiererin, die aus Karlsruhe stammt. Wieso nicht gleich hier übernachten? Nebenan waren leerstehende Ladenräume, gegenüber ein Burgerking mit Wifi und nirgendwo ein Verbotsschild – das passte.
Am nächsten Morgen war frühes Aufstehen angesagt. Wir erwarteten hohen Besucherandrang und belagerten schon um 8:30 die Eintrittskasse. 43 Dollar plus Tax war im Vergleich zu
Houston schon eine saftige Eintrittsgebühr. Für Hans bekamen wir einen Seniorenrabatt 55+, was die Stimmung besserte. Man muss aber dazu sagen, dass der Eintritt zu zwei Tagen Space Center berechtigte, was wir dann auch zur vollen Besichtigung benötigten.
Neben Bespaßungsgeschichten wie dem Simulator (Shuttlestart) oder der Star Trek Show gab es viel Wissenswertes in Ausstellungen zu sehen.
Wieso wird gerade Cape Canaveral in Florida als Raketenbasis benutzt? Das hat folgende Gründe: Zum einen kommt die Rakete oder der Shuttle nach ihrem Start in richtiger Richtung in die Erdumlaufbahn, da sich die Erde in West-Ost-Richtung dreht. Würde das an der West-Küste vollzogen, dann müsste der Shuttle dicht bevölkerte Gebiete überfliegen, was natürlich ein hohes Sicherheitsrisiko darstellt.
Hauptattraktion war die Bustour über das Space Center-Gelände mit zwei Haltestationen: dem Beobachtungsturm, Gantry genannt (1,6 km vor der Startbasis), und dem Saturn V/Apollo-Komplex (4,8 km entfernt). Vom Bus aus sahen wir das VAB (Vehicle Assembly Building), in dem die Montage des Shuttles mit den Raketen erfolgt. Ein Gebäude, ca. 160 m hoch, in dem vier Empire State-Gebäude Platz hätten. In dem Gebäude wird der Außentank (external tank) mit den beiden Feststoffraketen (solid rocket boosters - SRB) und dem Orbiter (sprich Space
Shuttle) zusammengefügt. Dann kommt das Ganze auf einen Crawler, eine riesige Raupe, die den aufrecht stehenden Komplex sehr langsam über eine Schotterbahn zur Startbasis bringt. Dieser Vorgang kann bis zu acht Stunden dauern und wird so etwa einen Monat vor dem geplanten Start durchgeführt. Das Gesamtgewicht des Crawlers mit Ladung beträgt ungefähr 18 Millionen lbs (pounds). Wir Deutschen würden das mit ca. 8200 Tonnen beziffern. Dabei ist der Außentank noch nicht beladen. Das wird erst an der Startrampe durchgeführt (Flüssiger Sauer- und Wasserstoff mit ca. -180 Grad C.).
Nach einer Filmvorführung über den Ablauf der Startvorbereitungen haben wir dann die Treppen im Beobachtungsturm erklommen. Schade, dass der Shuttle durch eine Arbeitsbühne verdeckt war und man nur das obere Ende des Tanks und der Raketen erspähen konnte! Es muss schon eine gewaltige Startexplosion sein – der Sicherheitsbereich erstreckt sich bis über den Ausguck hinaus. Die Zuschauer des Startspektakels sitzen in knapp 5 km Entfernung auf einer Tribüne.
Die beiden Feststoffbooster haben eine Brennzeit von etwa zwei Minuten und produzieren rund 80 Prozent des Gesamtschubs. Insgesamt treiben 10-12 Tonnen Treibstoff und Sauerstoff pro Sekunde den Shuttle nach oben. Nachdem sie ausgebrannt sind, werden sie in einer Höhe von rund 50 km
abgetrennt und fallen, an Fallschirmen hängend, in den Atlantik. Bergungsschiffe der NASA nehmen die leeren Hüllen auf und schleppen sie zum Kennedy Space Center zurück, wo sie auf die Wiederverwendung (im OPF) vorbereitet werden.
Der Orbiter fliegt während der Mission mitunter in verschiedenen Umlaufbahnen. Um die ISS zu erreichen, muss der Shuttle durch Zünden seiner Manövertriebwerke in eine Umlaufbahn einschwenken, die so ihren höchsten Punkt bei 380 km erreicht. Teilweise sind tagelange Kursmanöver notwendig, um stabile Bahnen zu erreichen, die für Andockmanöver bei der ISS oder dem Hubble-Weltraumteleskop nötig sind.
Wieder im Bus ging es an der Orbiter Processing Facility (OPF) vorbei. Die Shuttle werden hier nach ihrer Rückkehr auf Herz und Nieren geprüft. Die Antriebe werden ausgebaut und peinlichst überholt. Genauso der Rest des Shuttles, im Besonderen das Hitzeschild. Die Boosterhüllen werden wieder aufbereitet.
Die Shuttle-Ära begann vor 30 Jahren. Es waren fünf Shuttles gebaut worden – Challenger, Discovery, Atlantis, Columbia und Endeavor. Die Challenger ging im Jahr 1989 verloren (sieben Astronauten), als ein defekter Dichtring einer Feststoffrakete zuerst den Tank und damit auch den Shuttle zerstörte. Columbia verglühte 2003 mit sieben Mann Besatzung, weil nach dem Start abgebrochene Schaumstücke des Tanks Flügelteile des Shuttles beschädigten. Sogenanntes
Plasma trat bei der Rückkehr ins Innere ein und der Shuttle verglühte. Somit stehen heute nur noch zwei Orbiter zur Verfügung. Discovery wurde bereits außer Dienst gestellt. Die erwartete wirtschaftliche Effizienz trat jedoch nicht ein. NASA bezeichnet die Kosten einer Mission mit ca. 500 Millionen Dollar und nicht wie vorher kalkuliert 10,5 Mill. Dollar! Daher wird das Programm nun auch eingestellt. Der vorläufig letzte Flug wird im Juni dieses Jahres mit der Atlantis sein.
Sehr oft landen die Raumfähren auf der Edwards Airforce Base in der Mohave-Wüste in Californien, obwohl auch eine entsprechend lange Landebahn auf Cape Canaveral vorhanden ist. Von dort werden sie auf den Rücken einer Boeing 747 montiert und kommen auf Cape Canaveral an.
Mitte dieses Jahres ist dann die Shuttle-Ära vorerst gestoppt. Zuletzt hatte sie nur noch die Aufgabe, Geräte zur Internationalen Raumfahrtstation zu bringen. Nebenbei wurden kleinere Satelliten ausgesetzt. Die eigentlichen wissenschaftlichen Experimente finden auf der ISS statt. Die Versorgung erfolgt dann erst einmal durch russische Raumfähren.
Seit der Raumstation Soyuz (1975) gibt es eine Zusammenarbeit zwischen beiden Nationen im Weltraumsektor. Szenarien für weitergehende Weltraumprojekte könnte das Thema „Lebensraum auf dem Mond“ oder die weitere Erkundung des Mars sein. Eine Nutzlastrakete von
großen Ausmaßen, die Ares V, ist schon geplant – aber was sagt Obama dazu?
Die Zeitungen berichten viel über private Firmeninitiativen oder Kooperationen mit der NASA im Raumfahrtbusiness. Diese haben Geschäftsideen, die noch recht visionär anmuten. Doch es gibt Firmen wie Virgin Galactic/Californien, die bereits Raumflugzeuge bauen. Sie bringen Passagiere in Höhen um die 90 km, wo sie Schwerelosigkeit erfahren können und die Erde einmal aus einer anderen Perspektive sehen. Das kostet eine Kleinigkeit, und zwar je nach Angebot in einer Bandbreite von 70.000 – 150.000 € pro Person. Anscheinend muss es sich lohnen – es gibt genügend Interessenten, auch für einen Flug zur ISS oder zum Mond bei weitaus höheren Preisen!
Der nächste Stopp brachte uns die Geschichte der Apollo-Missionen (Saturn V-Rakete) näher. Nachdem 1961 Alan B. Shepard als erster Amerikaner im Weltraum war (Gagarin hatte es zuvor schon im April desselben Jahres geschafft), wurde in verschiedenen Missionen Andockmanöver getestet, dann ein erster Weltraumgang geprüft, bis 1969 Neil A. Armstrong als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond setzte. Es gab insgesamt siebzehn Apollo-Flüge. Ausgestellt war eine Saturn V-Rakete in Lebensgröße, unter der wir durchmarschierten. Zum ersten Mal begriff man den Aufbau dieses 110 m-Monstrums mit drei verschiedenen
Brennstufen. Die erste Brennstufe (10 m Durchmesser, 42 m lang, Treibstoff: Kerosin RP und flüssiger Sauerstoff) reichte gerade mal 2,5 Minuten. Bei der zweiten (Flüssiger Sauerstoff und Wasserstoff) dauerte es dann schon 6 Minuten, bis alles verbrannt war. Dann setzte die dritte Stufe für weitere 2,5 Minuten ein (ebenfalls flüssiger Sauerstoff und Wasserstoff). Vor Eintritt in die Mondbahn hatte die Rakete eine Endgeschwindigkeit von fast 39.000 km/h.
Recht schwierig war das Manöver mit der Mondlandefähre. Das Kommando-Service-Modul im vordersten Bereich der Rakete hatte sich abzutrennen, sich zu wenden, um dann kopfseits an das Mondlandemodul anzudocken und es aus dem Raketenmodul zu ziehen. Der Rest der Rakete wurde nach Beschleunigung in eine andere Umlaufbahn gebracht und dann auf Kollisionskurs mit dem Mond.
Zwei Astronauten konnten zur Mondlandung in die Fähre überwechseln, während einer zurückblieb. Ein eigener Antrieb der Mondlandefähre sorgte dafür, dass man wieder zum Kommandomodul zurückkehren konnte.
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