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Published: January 28th 2011
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Die Nacht war kalt gewesen, hier vor dem Tor des Mariposa Monarch Santuarios auf knapp 2.900 m Höhe. Wasserpfützen sind zu Eis erstarrt. Doch warm eingepackt in Decke und Schlafsack ging es uns im VW-Bus gut. Wir beeilten uns fertig zu werden, ermahnte doch der Reiseführer, dass die Monarchfalter gegen 9 Uhr bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen munter werden und auffliegen.
Die Monarchfalter haben eine lange Strecke zurückgelegt. Man sagt, dass sie aus dem Nordwesten der USA sowie Kanadas ca. 4500 km weit in die Hochebene Mexikos geflogen sind. Dort paaren sie sich und sterben danach. Die Jungen schlüpfen hier in den Pinien- und Oyamel-Fichtenwäldern auf 3000 m Höhe und kehren dann im Frühling in die Heimatgebiete USA und Kanada zurück.
Wir steigen in ordentlichem Marschtempo hinter unserem Führer ca. einen Kilometer im Wald hinauf. Dann kommt das Schild – silencio… Und richtig – wie Trauben hängen die Falter an den Stämmen und Ästen der Oyamel-Fichten. Nichts regt sich. Es ist etwa 8:30 Uhr – aber die Luft ist frostig. Hans hält einen Falter hoch und pustet ihn an. Langsam beginnt er, seine Flügel zu heben. Auf dem Weg liegen Tausende toter Falter. Wir bemühen uns trotzdem nicht darauf
zu treten. Die Tiere haben wunderschöne Flügel. Wie toll muss es aussehen, wenn sie sich zu Hunderten in die Luft erheben. In gebrochenem Spanisch versuchen wir von unserem Führer zu erfahren, ob wir denn heute noch die Hoffnung haben können, die Falter in der Luft zu erleben. Er meint, dass vielleicht am Nachmittag die Luft warm genug ist. Doch wir bleiben trotzig stehen und wenden unsere Blicke den sonnigen Fichtenästen zu. Und richtig – so nach und nach öffnen sich immer mehr Flügel. Die ersten Falter segeln von den Bäumen herunter, kaum fähig, sich zu bewegen. Und es kommt noch mehr Leben in die Gemeinschaft. Die Tiere sammeln sich an den wenigen sonnigen Stellen im Wald. Mein Fotografierherz schlägt höher. Gar nicht so leicht, ein gutes Bild zu schießen, denn die Hell-Dunkel-Kontraste sind erheblich. Nach fast zwei Stunden gehen wir langsam wieder zurück und entdecken noch ein wärmeres Sonnenfleckchen. Schnell ein Video in den Kasten!
Nach der Mittagspause beschließen wir, einen Rundgang in dem Bergdorf Ocampo zu machen. Es dauert nicht lange und wir werden von zwei jungen Buben begleitet. Halb spitzbübisch, halb verlegen fragen sie uns, woher wir kommen. Das kann ich ihnen wenigstens auf Spanisch sagen. Alemania
– ich merke, wie sie rätseln, wo das sein könnte. Vielleicht in der Nähe von Australien? Höre ich sie sagen. Doch wir erregen an jeder Hausecke Aufmerksamkeit. Manchmal stehen die Dorfbewohner mit offenem Mund da. Das sind sie offenbar nicht gewohnt. Die Touris gondeln sonst nur in den Collectivos (Sammeltaxis) zum Nationalpark hoch. Fremde im Dorf. Was ganz Seltenes. Als wir dann noch von der Hauptstraße Richtung Tal abbiegen und auf ein Seitental zusteuern, da kommen die ersten Rufe und eifriges Winken. Wir schauen zurück – „Nicht da lang! Ocampo liegt weiter rechts im Tal!“ Wir ignorieren die gutgemeinten Ratschläge und winken fröhlich zurück. Plötzlich kommt eine mexikanische Mami prustend an und übergießt uns mit einem spanischen Wort-Wasserfall. Ich ahne, dass sie uns mitteilen möchte, dass wir auf der falschen Straße sind. Soviel gutgemeinte Sorge… Anscheinend möchte sie aber noch wissen, wo wir die Nacht verbringen. Will sie uns vielleicht ein Bett anbieten? Ich versuche, ihr zu sagen, dass wir in unserem Camper schlafen. Aber irgendwie habe ich mich wohl nicht richtig ausgedrückt. Wir grinsen uns an. Ich sage ihr zur Entschuldigung, dass ich kein Spanisch kann und Hans und ich schlendern weiter die Straße entlang. Wir beschließen, bei der
nächsten freundlichen Rückfrage einfach zu sagen: „Vamos al iglesia“ (Wir gehen zur Kirche). Das dürfte ihre Neugier dann befriedigen. Und eine Kirche liegt wirklich am Weg. Das Sprüchlein mussten wir dann noch mindestens zweimal anbringen. Ich fühlte mich wie ein Wesen vom anderen Stern – von Blicken verfolgt. Wir versuchten unsere Eindrücke dieses sehr friedvollen, aber auch rückständigen, einfachen Lebens irgendwie einzuordnen. Deutschland nach dem 2. Weltkrieg oder aber Europa vor 200 Jahren? Eggen mit einem großen Baumast, der von einem Pferd über die Erde gezogen wurde. Handwäsche am Brunnentrog. Esel, die hoch aufgetürmtes Brennholz den Berg hinauf transportierten. Nur die Konservenmusik, die lautstark aus den Häusern tönte und die Autos auf den Straßen holten uns wieder in das 21. Jahrhundert zurück. Nach dem zweistündigen Gang durch die ländliche Welt Mexikos, die den Großteil der 130 Millionen Bevölkerung in diesem riesigen Land (1,9 Mill. Qkm) ausmacht, fühlten wir eine tiefe innere Ruhe. Wir sahen zwar viel Armut, aber kein Hungerleiden und der eher gemächliche Lebenswandel und die friedliche Atmosphäre übertrugen sich auf unsere Gemütslage.
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