Vier Schrauben für ein Halleluja


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April 14th 2009
Published: April 14th 2009
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Also falls es irgendwie den Eindruck macht, ich wäre faul geworden: Stimmt! Aber sowas von. Gestern hab ich mich dabei erwischt, dass ich mich mitten am Tag wieder ins Bett gelegt hab. Dafür bräucht ich eigentlich net so lang rumfahren :D

Vorgestern hatte ich ein kleines Projekt gestartet, nämlich im Hostel die Tür zwischen Flur und Wohnzimmer zu reparieren. Da hat die Klinke aufs übelste gelottert. Hab dann das Türschild abmontiert und geguckt worans liegen könnte. Tolle Idee an einem Sonntag, wo man die kaputten Teile sowieso nirgendwo kriegen kann. Naja, habs dann also wieder zusammen gebaut, mit dem Ergebnis, dass die Türklinke noch übler lotterte als vorher.

Die anderen können mir net erzählen, dass sies net gemerkt hätten, aber ich finds nett, dass se nix gesagt haben :D Gestern wollt ich dann die Ersatzteile kaufen, aber Ivan und Tina wollten mir net erzählen, wo ich die kriegen kann, weil se net wollten, dass ich das kaufe.

Auf mein Argument, dass ich die Teile net kaufen will, sondern nur mal so gucken, was der Laden so hat, kam lautes Gelächter und der Kommentar, dass ich mir langsam aber sicher den serbischen Lebensstil aneigne.
Da ich mich ungern geschlagen geb, hab ich dann gestern Abend den Weg zum Mercator-Baumarkt in Novi Beograd ausklamüsert. Wobei mir auch klar war, dass wenn ich die Teile einkauf und das Ding reparier, ich auch für 2 Tage verschwinden müsste, weil mich dann wohl wer schlagen würde :D

Mit heute früh hat sich dann aber alles ein wenig anders dargestellt. Ich hab ab um 10 aufs Hostel aufgepasst, und nachdem die kanadischen Gäste, denens hier so gut gefallen hat, dass se dabei fast geheult hätten, ihre Schlüssel abgegeben und sich verabschiedet hatten, war mir eigentlich nur langweilig. Is wohl noch net so die Saison :D

Wenns Telefon geklingelt hat, hab ich als nur brav die Nummer aufgeschrieben, so schnell wie die Leute am Telefon reden, kann ich net im Wörterbuch blättern.
Nur einmal bin ich dran gegangen, weil keine Nummer angezeigt wurde. Das ist dann aber auch gleich aufgeflogen. War nämlich Ivans Papa, der den danach aufm Handy angerufen hat, um ihm mitzuteilen, dass in seinem Hostel komische Leute mit mangelhaften Serbischkenntnissen ans Telefon gehen :D

Naja, wie auch immer...Über die ganze Langeweile hat mich dauernd die besagte Türklinke angeguckt...Da hab ich se nochmal aufgeschraubt. Und festgestellt, dass ich alles mit 2 Schrauben hinkrieg.

Also ging ich los, diese zu kaufen. Am meisten hat mich gefreut, dass ich wegen 2 Schrauben net nach Novi Beograd zu fahren brauche. Hätt ich das mal bloß getan! Im Merkator hätten die sicher Schrauben gehabt. Naja, ich bin auf die Kralja Alexandra gegangen. Dass ist diese nicht enden wollende STraße, in der man alles bekommt, außer dem, was man an diesem Tag wirklich braucht. Jetzt hab ich ja eigentlich schon vorweggenommen, dass ich erstmal keine Schrauben gefunden habe....

Naja, mein Einkaufserlebnis: Ich lauf diese STraße hoch, und seh nirgends net nen Laden, der aussieht, als hätt er Schrauben. Dafür aber viele andere Läden. Ich kann nur sagen: Ich wundere mich immer wieder über die Funktionsweise mancher Wirtschaftssysteme. Naja, wundern brauch ich mich eigentlich gar net so dolle, denn noch ist ja net bewiesen, dass das serbische Wirtschaftssystem auf Dauer überhaupt funktioniert. Nur soviel: Steck hundert Euro in Münzen ein, wechsel an jeder Wechselstube einen Euro in Dinar, und du hast nach 100 Metern keinen Euro mehr. Verkauf bei jedem Zahngoldkäufer einen Zahn, und du brauchst nach 32 Metern ein Gebiss...Ob es Zufall ist, dass genau an dieser STelle ein Zahnarzt ist? Soviel zur Funktionsweise ;-)

Kauf bei jedem Juwelier einer Frau nen Verlobungsring (von dem Geld aus deinem Zahngold :D ) und du hast nach hundert Metern...Naja, das artet jetzt in Wunschdenken aus ;-)

Wie auch immer. Such ne Schraube...Und du erkennst nach 5 Kilometern den Sinn der unzähligen Schuhgeschäfte und Schuhmacher am Wegesrand 😞 Entweder geh ich nach meiner Schraubensuche zu selbigen, oder ich muss nochmal zum Bund :D

Aus der Tatsache, dass ich net ganz blöd bin (zumindest net immer) ergab sich eine Sache, die allerdings ziemlich blöd war. Zumindest für den Moment. Da es ja auch das eine oder andere Geschäft in Hinterhöfen gibt, und ich irgendwie der Meinung bin, dass ein Eisenwarengeschäft ein Geschäft ist, was gut in einem Hinterhof sein könnte, hab ich natürlich "Eisenwarengeschäft" in meinem tollen Wörterbuch nachgeschlagen. Und kam auf ein Wort, dass mir einfach merkte als: ein Wort, dass auf nem Schild stehen könnte, und dass ich net aussprechen kann.
Naja, alsbald kam ich auch an einem Schild vorbei, das in einen Hinterhof zeigte, und auf dem ein Wort stand, dass ich net aussprechen konnte.
Voller HOffnung habe ich mich in den Hinterhof begeben. Dort gab es ein Geschäft mit der gleichen Aufschrift. Ohne Fenster. Wenn das nicht mal ein Zeichen für einen dieser Eisenwarenladen ist, in denen man net nur Schrauben kaufen, sondern gleich noch mit dem Verkäufer über Sinn und Unsinn der parallelen Existenz von Kreuzschlitz-und Normalschrauben diskutieren kann.

Könnte. Wenn man in einem Eisenwarengeschäft wäre. So kann ich mir nur Gedanken drüber machen, was die Braut und die Verkäuferin über den Typen denken, der in die Brautkleidanprobe geplatzt ist...
Das waren peinliche eineinhalb Sekunden, aber ich kann den Bräutigam zu Braut wie Kleid nur beglückwünschen...

Zahngold, Juwelier, Brautladen...So langsam hab ich das mit dem Wirtschaftssystem glaub doch raus 😊

Gut, irgendwann hatte ich die Schnauze voll, und war am Umdrehen. Da sah ich auf der anderen Straßenseite hinter nem Baum n Ladenschild aufblitzen, wo was mit "Haus" (das wirkliche, deutsche Wort Haus) stand. Keine Ahnung, was mich zu dem Zeitpunkt schon so high gemacht hatte. Jedenfalls schossen mir spontan Assoziationen wie "Haus"-Deutsch-Handwerkskunst-Baumarkt durch den Kopf..Scheiße, es war wirklich ein Baumarkt. Ein Kontrollgriff in die Taschen. Ne, Geld hab ich doch net. Na gut, nebendran is ne Bank. Die gibt mir aber nix. Na gut ,dann Geld wechseln...

Tja, wenn ich vorher gesagt habe: Die Straße, die alles hat, außer dem, was du an diesem Tag brauchst...So korrigiere ich diese Aussage zu: Die Straße, die alles hat, außer dem, was du in diesem MOment(!) brauchst. Auch wenn es auf der Kralja Alexandra Wechselstuben wie Sand am Meer gibt - Ich war seit 2 kilometern an keiner mehr vorbei gekommen.
Naja, was solls, gibt ja Schuhmacher und Schuhgeschäfte...Also die 2 km zurück, Geld gewechselt, und 20 min vor Ladenschluss in den Laden rein. Da war es spitze. Rasenmäher gabs, Schraubenzieher...Alles...Nach Schrauben musste ich fragen, dann wurde mir eine sehr kleine Auswahl präsentiert. Naja, was ich suchte, war da mal net dabei. Zuerst hab ich versucht zu erklären, was ich brauche. Hat net geklappt. Dann kamen wir auf Zettel und Stift. Zum aufzeichnen. Als er gecheckt hatte, was ich wollte, hat er gemeint, da muss er erst gucken. Und dann kam etwas phänomenal sympathisches:

Jeder Schwabe hat irgendwo ne Tüte, wo er alle Schrauben, die er irgendwo ausschraubt, reintut. Falls man die mal wieder braucht. Und dieser serbische Baumarkter hatte auch so ne Tüte. 10 Minuten haben wir gesucht, bis wir die 2 gleichen Schrauben gefunden hatten. Er hat sie mir geschenkt.

Diese Materialsuche hat mir gezeigt, warum in Beograd seit nunmehr 39 Jahren am "neuen" Hauptbahnhof gebaut wird :D

So, jetzt weiß ich also, wo ich "Srafove" kaufen kann, und muss nicht mehr arme Belgrader Bürger mit dieser Frage belästigen.

Für die nächsten Tage hab ich nur im Plan, mir den Film "Beogradski Fantom" anzuschauen. Auch wenn ich nix versteh, ich weiß jetzt, woher das Reifenquietschen letzten Sommer hier am Trg Slavija kam.
Und, aber das glaub ich erst, wenn ich da bin: Kann sein, dass ich mit Ivan und nem Kumpel von ihm ins Kosovo fahr. Erst nach Mitrovica, dann zu so nem Kloster...Wär schön, wenn das klappen würde 😊

Als dann, bis zum nächsten Mal 😊

Nachtrag: Die Schrauben haben nicht gepasst.







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