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Published: September 5th 2012
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Zwei Wochen lang habe ich nichts gepostet und dieser Block haengt mittlerweile meilenweit hinterher. Was ist passiert? - Vietnam ist ueber mich hereingebrochen! Mit seinem Gewirr aus Farben, Hup-Laerm und staendiger Bewegung hat es mich so in seinen Bann gezogen, dass ich das Schreiben voruebergehend an den Nagel haengen musste. Ausserdem fehlten mir die obligatorischen Café-Sitzungen mit Dino, bei denen er taeglich sein Statistik-Lern-Pensum abarbeitete und ich an meinen Blog-Eintraegen werkelte. Die Geschichte mit Phongsaly poste ich demnaechst mal (ich hab den Eintrag schon fast fertig) und schiebe nun mal kurz ein paar Eintraege zu Vietnam ein, sonst wird das nix mehr!
Dieser Vietnam-Rausch kam ganz unverhofft, denn dem Land eilt in der sued-ost-asiatischen Backpacker-Welt ein eher durchwachsener Ruf voraus. So gut wie jeder, den ich in Laos oder Kambodscha ueber seine Vietnam-Erfahrungen ausfragte, stoehnte ueber den Stress und die Hektik in den Staedten, die konstante Behasselung durch Tuk Tuk Fahrer oder StrassenverkaeuferInnen und das latente Gefuehl uebers Ohr gehauen zu werden. Diese Klagen waren so einstimmig, dass ich ernsthaft ueberlegte, mir Vietnam ganz zu sparen. Da ich aber ja nun schonmal das Visum und den Flug bezahlt hatte, entschied ich, mir meine eigene Meinung zu bilden. Notfalls konnte ich
mich ja immernoch in die Berge des Nordens zurueckziehen, falls das Geteose tatsaechlich zu nervenzehrend sein sollte.
In meinem ersten Vietnam-Stopp Hué fand ich zum ersten Mal ein Youth Hostel wie es im Buche steht, mit Bier-Bar, Pizza-Happy-Hour und Hochbett-Schlafsaal. Beim Fruehstueck erzaehlte mir ein sehr attraktiver (aber schwuler) Sozialaerbeiter aus Neuseeland von seinen Plaenen, mit einem gemieteten Motoroller das Umland zu erkunden. Das schien mir die perfekte Moeglichkeit, mein eigenes Roller-Debut zu wagen! Der Neuseelaender namens Nathan willigte ein, mich mitzunehmen schien allerdings ein bisschen Sorge zu haben, dass ich bei diesem Experiment unter die Raeder kommen koennte. Nachdem ich meinen neuen Miet-Roller einmal unsere Hostel-Strasse hoch und runter gefahren hatte, warfen wir uns in den Moto-Trubel von Hanoi. Ich folgte penibel jeder von Nathans Bewegungen, denn er hatte mir geraten, mich im vietnamesischen Verkehr ausschliesslich nach Vordermann oder Vorderfrau zu richten und alles Geschehen hinter mir zu ignorieren. Die Hinterperson tut das gleiche und so ist fuer alle gesorgt. Die sperrige Lenkung und das Gewicht des Rollers machten mir Angst, ich fand den Blinker nicht und war beim Tanken heillos ueberfordert. Aber nachdem ich die ersten zehn Minuten Innenstadt-Verkehr ueberlebt hatte und wir auf die breite, wenig befahrene Strasse des Umlands kamen, schoepfte ich Mut und fing an, die Sauserei zu geniessen.
Nathan und ich verbrachte eineinhalb Tage gemeinsam, duesten zu Tempeln und Koenigsgraebern, dinierten aller-delizioestes Street Food und hatten sehr interessante Gespraeche ueber Transgenderism unter Maori. Nathan ist selbst Halb-Maori und arbeitet ab und an in Drag-Shows. Er erzaehlte mir, dass Transgenderism unter Maori sehr viel akzeptierter und normaler ist, als in der Neuseelaendischen Mainstream-Gesellschaft. Es gibt sogar eine Transgender-Politikerin die in einem von weissen Farmern dominierten Wahlbezirk zur Abgeordneten gewaehlt wurde.
Nachdem ich in Laos zuletzt im verschlafenen Savannakhet gewesen war, wo Hunde auf der Strasse schliefen, wusste ich nun in Hué gar nicht, wo ich zuerst hingucken sollte. Die Strassen Hués sind - wie auch die von Hanoi - vollgestopft mit Geschaeften, Restaurants, Cafés und Street Food Inseln. Jeder Quadratmeter ist ein kleines Universum mit Frisoer, Travel-Agency und Motorroller-Verkauf auf einem Fleck. Ausserdem scheinen Haustiere und insbesondere Zierfische in Vietnam sehr angesagt zu sein, jedenfalls bieten Aquarien auf Rollen in den Strassen Guppis und Kampffische zum Kauf an. Die Strassen sind in Wirklichkeit Fluesse auf denen Motos fliessen und hupen. Ampeln werden durch das inflationaer verbreitete Recht zum “Free Right Turn” latent untergraben.
Die Konzentration von verschiedensten Objekten auf wenig Raum spiegelt sich auch in den Tempeln und Pagoden Vietnams wieder. Anders als in Laos und Kambodscha dominiert hier nicht der Theravada Buddhismus sondern die Mahayana Version, die fuer Laien zugaenglicher ist. Moenche sind nicht so zahlreich und im oeffentlichen Leben seltener zu sehen, sodass viele Tempel nicht ueber eigene Kloster verfuegen. In Laos und Kambodscha sind dagegen fast jeder Pagode Wohnstaetten von Moenchen angeschlossen. Die laotischen und Khmer Tempel stehen deshalb oft in weitlaeufigen Anlagen waehrend die chinesischen Tempel hier in Vietnam in das vollgepackte Stadtbild hineingepuzzlet sind und haeufig direkt zwischen zwei Wohhaeusern stehen. Wie in den Strassen sind auch hier lauter Kleinigkeiten auf engem Raum zusammengerafft: links und rechts des Altars stehen symbolische Holzpferde, lampions und Spiralen aus Raeucherstaebchen baumeln von der Decke, steinerne Drachen wachen an Eingaengen und Brunnen und wenn noch Platz ist, kommen noch ein paar Bonsai-Kaesten dazu.
So, jetzt unterbreche ich hier weil mein Boarding in Bangkok Airport gleich anfaengt. Da ich aber grosszuegige 14 Stunden im Transit in Qatar verbringen werde, kann ich mich dann hoffentlich in die VIP lounge schleichen und ein bisschen Wifi abzwacken. Ein alter Mann neben mir erzaehlt gerade ein paar Airport-Angestelltinnen dass er eine tolle foot-massage bekommen hat und jetzt ready zum dancing ist. Jetzt twistet er neben seinem Koffer-Schieber. Jetzt fragt er mich, ob ich nach Brisbane fliege. Wenn das so weiter geht wird die Reise nicht langweilig.
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