Blog 17: Taiwan – „La Ilha Formosa“


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Taiwan's flag
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February 1st 2013
Published: February 1st 2013
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So wurde dieses Land im 16. Jahrhundert von portugiesischen Seefahrern genannt und bedeutet übersetzt: „Die schöne Insel“. Nach der Besatzungszeit der Japaner bis 1945 wurde sie anschließend wieder an die damalige Republik China zurück gegeben, bis Chiang Kai-shek mit seiner Kuomintang Regierung den Bürgerkrieg gegen Mao Zedongs Partei verlor und auf die Insel flüchtete. Wie nicht anders zu erwarten betrachtet man in Mainland China Taiwan heute noch als eine abtrünnige Provinz – ganz im Gegensatz zu den Taiwanern. Diese nutzen, wie mir auch schon während meines Praktikums in Peking aufgefallen ist, China hauptsächlich als Wirtschaftspartner.

Als ich am 20. Januar in Taipei ankam verabredete ich mich am selben Abend noch mit meinem taiwanesischen Freund, den ich vor zwei Jahren in London kennengelernt hatte – Facebook hat demnach auch was Gutes. Das erste was mir in diesem Land auffiel war, dass das Essen fast noch einen höheren Stellenwert als in China besitzt. Denn in den nächsten 3 Tagen in Taipei war neben ein bisschen Sightseeing hauptsächlich Essen angesagt – was auch sicherlich dazu führte, dass ich meine in 4 Monaten verloren Kilos in China in 2 Wochen Taiwan wieder drauf gefuttert hab.

Aber was heißt nur ein bisschen Sightseeing? Denn eines der interessantesten Dinge, die Taiwan zu entdecken bietet, sind definitiv die Nightmarkets: verschlängelte Straßenzüge, in denen sich das gesamte Nachtleben abspielt und es alles Mögliche zu kaufen gibt. Seien es Klamotten, Schuhe, Handys oder eine unglaubliche Vielfalt der taiwanesischen Küche. Leckere Eigerichte, Meerestiere und selbstverständlich auch ausreichend Fleisch, Nudeln und Reis – für jeden Gaumen etwas dabei – wirklich für jeden. Denn ich will natürlich während meines Abenteuers nicht darauf verzichten, auch mal etwas anderes zu probieren. So ging ich zu einem bestimmten Nightmarket, der bekannt für seine Schlangenspezialitäten ist. Als ich dann schließlich eine riesen Python in einem Terrarium vor mir sah, hab ich es mir fast kurzerhand nochmal anders überlegt - aber ich kann Entwarnung geben. Die Schlangensuppe an sich war nicht schlimm – schmeckt ähnlich wie Hühnersuppe – das eigentlich Ekelhafte waren die kleinen „Shots“ die man zur Suppe trinken sollte. Die Flüssigkeit eingelegter Genitalien, das Gift (sicherlich entgiftet – schließlich lebe ich noch) und eingelegter Gallen – 10 Zigaretten und 15 Kaugummis später war dann an diesem Abend auch Schluss mit essen.

In meiner ersten Nacht wurde ich auch gleich Zeuge eines der zahlreichen Erdbeben in Taiwan. Da die Insel genau zwischen der eurasischen und der philippinischen Platte liegt, kommt das hier des Öfteren vor. Trotzdem habe ich die Erschütterung, oder meine zuerst vermutete Sinnesstörung, meinem exotischen Abendessen zugeschoben.

Als ich mich schließlich nach ein paar Tagen Taipei auf in Richtung Nordostküste machte, um die Gegend um Keelung zu erkunden, machte mir schließlich das Wetter und auch die Unterkunftspreise einen Strich durch den guten Start auf dieser schönen Insel. Nach einem langen Sightseeing Tag machte ich mich am Abend auf die verzweifelte Suche nach einer günstigen Unterkunft. Da Taiwan noch nicht durch Massen-Tourismus geprägt ist, hat man in den kleineren Städten doch noch die ein oder andere Schwierigkeit eine geeignete Bleibe zu finden. Naja, aber Schlafplätze gibt es schließlich immer und überall. So fand ich, meinem Budget entsprechend, ein kleines Guesthouse – es ging wiedermal nicht lange, bis ich herausfand, dass das wohl das Schlaraffenland für meine kleinen Freunde ist. Schwül, feucht, keine wirklich funktionierende Frischluftzufuhr. Bevor ich mich dann irgendwann notgedrungener Weise doch ins Bett legen musste, schloss ich davor alle vorhandenen Reisverschlüsse und habe alle zur Verfügung stehenden Lichter angemacht, um den Biestern nicht noch einmal in meinem Schlafsack zu begegnen. Schlussendlich war das sicherlich die kürzeste Nacht, die ich bisher hatte, da ich gleich morgens um 6 wieder ausgecheckt habe und weitergereist bin – dieses Mal Gott sei Dank ohne ungewollte Kuschelgäste in der Nacht.

Am gleichen Tag setzte ich mir dann das Ziel an der Ostküste in Hualien anzukommen, um dort ein paar Tage im Nationalpark zu verbringen. Mein Reiseführer sagte mir jedoch, dass es sich lohnt, auf meinem Weg nach Hualien ein kleines Tal entlang zu wandern, um auf diesem Pfad noch an 3 sehenswerten Wasserfällen vorbei zu kommen. Da ich meine normalen Schuhe mittlerweile irgendwo liegen gelassen habe und mir aufgrund meiner Laufdistanzen wieder Laufschuhe zugetan habe, wollte ich diese Empfehlung natürlich nicht missen. Bei leichtem Nieselregen an einem kleinen Bahnhof angekommen, fragte ich den Bahnmitarbeiter, ob ich meinen Rucksack bei ihm in der Station unterbringen könnte, um ihn nach einer kleinen 2-3 Stunden Wanderung wieder mitzunehmen. Freundlich und ohne Probleme zeigte der Schaffner mir noch die Richtung zum besagten Wanderweg. In der Hoffnung, dass der Nieselregen bald aufhört, startete ich schließlich meine Tour, bis ich nach eineinhalb Stunden am zweiten Wasserfall vor einer 10m hohen Felswand stand, an der eine Holzleiter befestigt war. Mmhh, nachdem ich mich ein bisschen umgesehen hatte, stellte ich im stärker gewordenen Regen dann fest, dass die Leiter wohl der einzige Weg war vorwärts zu kommen – oder natürlich die eineinhalb Stunden wieder zurück zu laufen. Ich, mit meiner Höhenangst natürlich prädestiniert dafür eine 10m hohe Felswand hoch zu klettern, dachte zu diesem Moment noch, dass ich ja kurz vor meinem Ziel stünde und jetzt sicher nicht wieder umdrehe. Mit einem unglaublichen Adrenalinspiegel war ich dann schließlich 5min später am dritten Wasserfall und am Ende des Wanderpfades angekommen – dachte ich. Ja – der Wanderpfad war fertig, das stimmt. Er mündete schließlich in einer geteerten Straße. Links von mir war ein Anwesen, das durch ein Tor abgetrennt wurde. Mit meiner unglaublich kombinatorischen Fähigkeit entschied ich mich dazu, nach rechts weiter zu gehen. Irgendwo im Nirgendwo, immer derselben Straße folgend, stand ich dann vor einem nächsten Anwesen, dass durch ein Tor abgetrennt war. Sackgasse. Na herzliche Freude. Als ich dann realisierte, dass mich diese geteerte Straße nirgends hinführen würde und ich etwas verloren war, versuchte ich mich mit Rufen bemerkbar zu machen - aber offensichtlich war ich die einzige Menschenseele weit und breit. Filmreif, wie man es in solchen Situationen kennt, sah ich schließlich auf mein Handy: kein Netz. Klasse. „Gut, jetzt kannst 2 Stunden wieder durch den Regen zurück laufen, es müsste also noch klappen, bevor es dunkel wird“ dachte ich mir und machte mich wieder auf den Weg zurück, als ich ein kleines, holzgeschnitztes Schild an einem Baum befestigt sah, dass chinesische Schriftzeichen zeigte. Ich wusste, dass der Zielort meiner kleinen Wanderung „Shifen“ heißt, hatte aber keine Ahnung, wie das auf Chinesisch geschrieben wird. Das Zeichen, welches ich wieder erkannte war das Zeichen für „10“ = „shi“. Entweder zwei Stunden zurück laufen oder das Risiko auf mich nehmen, dass das Schild nicht nach „Shifen“ führt. Ich entschied mich schließlich für letzteres – was im Nachhinein die risikoreichere aber die bessere Entscheidung war. Nach einer weiteren Stunde kam ich schließlich etwas durchnässt an meinem Zielbahnhof an.

Aber es sollte noch nicht genug passiert sein an diesem Tag. Am Zielbahnhof angekommen fragte ich schließlich den Bahnmitarbeiter, wie ich denn am besten nach Hualien komme. Ich müsste wieder zurück an die Nordostküste an den nächstgrößeren Bahnhof fahren und von dort aus den Schnellzug nehmen. Gut, dachte ich mir. Hauptsache bald wieder ein nettes Bett. „Hält der denn auch in Sandiaoling?“ (das war die Haltestelle, an der ich meinen Rucksack hatte liegen lassen). „Ja, der hält dort – aber sie haben keine Zeit dort auszusteigen“. Herzlichen Glückwunsch. Was ein Tag. 5 Minuten später kam der Bahnmitarbeiter dann schließlich auf mich zu und meinte, dass er gerade mit der anderen Bahnstation telefoniert habe. Er werde dem dortigen Schaffner Bescheid geben, mit welchem Zug ich komme, sodass dieser mir meinen Rucksack in den Zug schmeißen kann – so viel Hilfsbereitschaft war ich ja seit meinem China Aufenthalt ja gar nicht mehr gewohnt und war erst einmal erleichtert. Etwas pessimistisch wartete ich auf meinen Zug, ob dies denn wirklich funktionieren würde – 3 Stunden später war ich in Hualien. Mit Rucksack und einem sehr gemütlich Hostel.

Etwas geplättet mietete ich mir am nächsten Tag mit einem deutschen Hostelmate und seiner Mutter einen Roller, um den Nationalpark zu erkunden. Ich fühlte mich wieder wie vor 10 Jahren (ich merke gerade, dass ich alt werde). Unsere „Scootergang“- Zeiten. Meine Fresse. Heute unglaublich peinlich – damals eine unglaublich geile Zeit. Der Nationalpark an sich hat mich sehr an meine zweite Heimat, das Tessin, erinnert. Deshalb war diese Landschaft nichts sehr neues für mich – das spaßige war definitiv das Nostalgie-Feeling auf dem Roller.

Nachdem jedoch die Wettervorhersage für Hualien auch nicht gerade rosig war, sagte ich mir: „Egal was du bisher gesehen hast und noch geplant hast zu sehen: pack sofort deine sieben Sachen und mach Strandurlaub im Süden der Insel“. Und das war nach den letzten Tagen bitter notwendig. Nochmal kurz in Taipei bei meinem Bekannten vorbei geschaut und dort zum Abschied nochmal eine Nacht gefeiert, machte ich mich am nächsten Tag auf den Weg von Norden nach Süden mit einem kleinen Zwischenstopp in Hsinchu, was südwestlich von Taipei liegt. Dort traf ich eine Taiwanerin zum Mittagessen, die ich während meines Praktikums in Peking kennenlernte, da unser Institut und ihr taiwanesisches Institut ein gemeinsames Projekt hatten. Nach einem wiedermal unglaublich guten Essen und etwas geplättet von der letzten Partynacht ging es für mich nach Kaohsiung, der zweitgrößten Stadt Taiwans im Süden der Insel. Als ich dort im Hostel ankam war das Erste, das ich hörte: Wir gehen heute Abend noch alle feiern. Puuhh. Das Motto stand fest: Travel hard – Party hard. Nach einer lustigen und langen Nacht war es am nächsten Tag Zeit zum relaxen – wovon mich auch keiner mehr abhalten konnte.

Am Tag darauf fuhr ich schließlich 3 Stunden mit dem Bus nach Kenting, dem südlichsten Zipfel der Insel mit schönen Stränden. Meiner Meinung nach hochverdient verbachte ich dort 3 relaxte Tage und traf mich dort wieder mit einem Ami, den ich in Hualien im Hostel kennengelernt habe. Bei angenehmen 25 Grad erholten wir uns am Strand und versuchten uns beide zum ersten Mal auf Surfbrettern, um Wellenreiten zu lernen – mehr oder weniger erfolgreich. Aber Spaß hats gemacht.

Schlussendlich kann ich sagen: Taiwan ist klasse. Ich kann es kaum glauben, dass hier so viele Gegensätze im Vergleich zu Mainland China herrschen. Ich möchte die Chinesen nicht generell als unfreundlich oder egoistisch bezeichnen – ganz im Gegenteil, meine Arbeitskollegen in Peking waren klasse - aber die direkten Vergleiche meiner allgemeinen Erfahrung von China, Hong Kong und nun Taiwan sind fast nicht zu beschreiben. Was einem das Leben auch in Taiwan unglaublich erleichtert ist das englische Sprachniveau. Und selbst wenn ein Taxifahrer kein Englisch spricht und nicht versteht wo man hin will, dann ruft er einen an, der Englisch spricht, damit man dem dann erklären kann, wo man denn hin möchte, damit der wiederrum dem Taxifahrer sagen kann, wo man denn hin will. Klar soweit??!! Es sind einfach genau diese Kleinigkeiten, die Hong Kong und Taiwan von China unterscheiden. Zuvorkommend und hilfsbereit – das habe ich persönlich selten in China erfahren.

Was insbesondere Taiwan sehr gemütlich macht ist die überschaubare Größe der Insel. Man kann innerhalb relativ kurzer Zeit einen guten Überblick über die verschiedenen Inselteile bekommen. Im Westen ist es eigentlich eine durchgehende Stadt von Taipei bis Kaohsiung. Im Osten gibt es dagegen unglaublich viel Natur. Getrennt werden diese beiden Teile durch ein zum Teil 3000m hohes Gebirge in der Mitte der Insel. Der Süden ist mit seinen Stränden und den ganzjährig warmen Temperaturen auch wunderbar im Winter zu bereisen.

Eine Taiwanreise kann ich deshalb auch nur jedem empfehlen. Ein sehr sympathisches Völkchen, was einem den Eintritt in die neue Kultur erheblich erleichtert.

Am Samstag geht’s nun ab nach Vietnam für 3 Wochen, wo mein „Ego-Trip“, „Selbstfindungstour“ oder wie auch immer man mein kleines Abenteuer bezeichnen will, ein Ende hat und mich Martin, ein Freund aus Stuttgart, begleiten wird.

Eine etwas andere Herausforderung wird langsam die verschiedene Währungsumrechnung. In China musste ich im Verhältnis zum Euro ca. durch 8 teilen, während es in Hong Kong durch angenehme 10 waren. In Taiwan waren es nun durch 40 wohingegen der Euro im Vergleich zum Vietnamesischen Dong durch ca. 28.000 geteilt wird – ihr könnt sehen: es wird nicht einfacher.

Herzliche Freude und bis bald

Euer Philipp

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